Adolph Menzel

Im Boudoir, 1851

Eine Dame im gelben Seidenkleid und mit Haube ist soeben im Begriff, auf einen Korbstuhl zu steigen, um ein Tuch über einen von der Decke hängenden Vogelbauer zu werfen. Rechts vor einem hohen Fenster sitzt an einem Schreibschrank mit heruntergeklapptem Pult und offen stehender Schranktür eine ältere Dame in einem violetten Kleid, die in ein Schriftstück vertieft ist.
Das kleinformatige Bild erinnert in vielerlei Hinsicht an gleichzeitige Werke von Ernest Meissonier – einen Künstler, den Menzel sehr schätzte und den er 1862 in Berlin persönlich kennenlernte. Die beiden Maler verband eine enge Freundschaft und künstlerische Wahlverwandtschaft, der erst der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 ein jähes Ende setzte.
Ikonographisch knüpft das Gemälde an ein beliebtes Motiv der niederländischen Genremalerei des 17. Jahrhunderts an, in der ein offen stehender Vogelbauer die „pikante“ Nebenbedeutung des Verlustes der Jungfräulichkeit hatte. Bei Menzel freilich ist der Bauer geschlossen und wird zusätzlich noch durch das Tuch verdeckt, was entweder auf das Vertuschen eines Geheimnisses – dazu würde die brieflesende Alte passen – oder aber auf unterdrückte Sexualität hindeuten könnte.

Wolfgang Cortjaens

Details zu diesem Werk

Öl auf Leinwand 36.7cm x 28.3cm (Bild) 64.5cm x 56.5cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, erworben 1912 Inv. Nr.: HK-1274 Sammlung: 19. Jahrhundert © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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