Viviano Codazzi, zugeschrieben
Giovanni Paolo Pannini, ehemals zugeschrieben

Römische Ruinen

Bei der Zuschreibung dieses Architekturstücks mit Staffagefiguren gehen die Meinungen weit auseinander. Galt es einst als ein Werk Giovanni Panninis, so war zwischenzeitlich ganz von einer Attribution abgesehen worden.1 Seit 1956 wurde das Gemälde dann als eine Arbeit Vivianos, später dann Niccolò Codazzis geführt, der Mitte der 1950er Jahre wieder in das Blickfeld der Forschung gerückt war.2 Durch Briganti wurde diese Zuschreibung von Inv. 127 bestätigt und das Werk in die 1650er Jahre datiert.3 Marshall, der Viviano Codazzi zuletzt eine Monographie widmete, hielt den Sohn Niccolò aus nicht näher erläuterten Beobachtungen zur »Malweise« für den wahrscheinlicheren Urheber, ohne jedoch das Original des Gemäldes gesehen zu haben.4 Seine Annahme, Inv. 127 sei ein Werk Niccolòs, wenn nicht eines Künstlers aus dessen Umkreis, entstanden nach einer verlorenen Vorlage des Vaters, scheint konstruiert und nicht nachvollziehbar.5
Die Entscheidung über eine Neuzuschreibung an andere Künstler als Viviano Codazzi wird nur vor den Originalen getroffen werden können. Als Merkmale einer näheren Bestimmung könnten sowohl die Reihung der Bögen hinzugezogen werden als auch die Art, die Kante des Bogens, rechts im Vordergrund, mit einem dünnen weißen Strich zu markieren; ebenso typisch scheint die ausgeprägte Manier, die Fehlstellen und Ausbrüche im Gemäuer mit einer beige-bräunlichen Höhung zu betonen. Auffällig ist ferner der Schatten, der am oberen Bildrand in das Gemälde gleichsam einführt. Diese Spiel mit Bogenreihen und starken Verschattungen zeigt sich bei Viviano Codazzi bereits in den 1650er Jahren, so in einem Capriccio des Konstantinsbogens und des Kolosseums in Graz.6 Die nahsichtigere Darstellung eines mit Inv. 127 weitgehend übereinstimmenden Gewölbes einschließlich der gleichen Details der Bogenreihe befindet sich in amerikanischem Privatbesitz und ist 1655 datiert.7 Laut Kultzen erinnert eine solche Abfolge massiv gefügter Rundbögen an die tief ins Erdreich eingesunkenen Unterbauten des Claudiustempels auf dem Celius bei der heutigen Kirche SS. Giovanni e Paolo. Bei Piranesi erscheinen sie unter der alten Bezeichnung als Curia Ostilia in dessen 1757 entstandener Radierfolge der Antichità Romane.8 M. S.

1 Die Zuschreibung an Pannini wurde aufgrund eines mündl. Hinweises von Igor Grabar, 15. 4. 1929, fallen gelassen, das Bild im folgenden Jahr als anonymes Werk veröffentlicht (siehe Katalog 1930, S. 101).
2 R. Longhi, Viviano Codazzi e l’invenzione della veduta realistica, in: Paragone 6, 1955, H. 71, S. 40-47.
3 Vgl. Briganti 1983, Bd. 1, S. 687, unter Nr. 1.
4 Marshall analysierte anhand eines Photos das »handling« als »closer to Niccolò« (Marshall 1993, S. 401, unter Nr. NC 58).
5 »On balance, it seems that this painting derives from one by Viviano […], and is either by Niccolò, or by some other painter fairly close to Niccolò« (ebd.).
6 Schloss Eggenberg, Graz; siehe Marshall 1993, S. 211,
Nr. VC 98.
7 Slg. Morton B. Harris, New York; siehe T. J. Spike, Italian Baroque Paintings from New York Private Collections, Ausst.-Kat. Princeton University Art Museum, Princeton 1980, S. 46, Nr. 15, Abb.
8 Vgl. Kultzen 1983, S. 884.

LIT.: Verzeichnis 1886, S. 22 (als Pannini?); Katalog 1918, S. 120 (als Pannini); Katalog 1921, S. 125; Katalog 1930,
S. 101 (als italienischer Meister des 18. Jhs.); Katalog 1956, S. 104; Katalog 1966, S. 42 (als Viviano Codazzi); Meisterwerke 1969, o. S., Abb. 126; Rolf Kultzen, Das Architekturstück bei Viviano Codazzi; in: Weltkunst 53, 1983, H. 7,
S. 884; Giuliano Briganti, Viviano Codazzi, in: Pietro Zampetti (Hrsg.), Il Seicento, 4 Bde., Bergamo 1983-1987 (I pittori bergamaschi dal XIII al XIX secolo, 4), Bd. 1, S. 687, Nr. 1; David Ryley Marshall, Viviano and Niccolò Codazzi and the Baroque Architectural Fantasy, Mailand 1993,
S. 401, Nr. NC 58, Farbabb. (als Niccolò Codazzi?).

LIT.: Katalog 1918, S. ## unter pannini?; Katalog 1921, S. 125 (Pannini); Katalog 1930, S. ## ital. Meister ##; Katalog 1956, S. 104 (als Italienischer Meister, 18. Jahrhundert); Katalog 1966, S. 42 ( Viviano Codazzi); Meisterwerke 1969, o. S., Abb. 126;
Rolf Kultzen, Das Architekturstück bei Viviano Codazzi; in: Weltkunst, Jg.53, 7, 1983, S.884; Giulio Briganti, Viviano Codazzi, in: I pittori bergamaschi dal XIII al XIX secolo, Il seicento, Bd. I, Bergamo 1983, S. 687, Nr. 1, (1650er Jahre); David Ryley Marshall, Viviano and Niccolò Codazzi and the baroque architecture fantasy, Mailand 1993, S. 401, NC 58 (als Niccolo Codazzi? “or by some other painter fairly close to C.” unter dem Titel “Ruined Arches with hunters” mit Datierung 1670-1680?);

Details zu diesem Werk

Leinwand 50.2cm x 68.4cm (Bild) 63.5cm x 82.5cm (Rahmen) Vermächtnis Johannes Amsinck, Hamburg, 1879 Inv. Nr.: HK-127 Sammlung: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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