Franziska Reinbothe
Ohne Titel (2019_068), 2019
Franziska Reinbothe (*1980) ist unter den ausgewählten Künstlerinnen und Künstlern der Ausstellung »Die absurde Schönheit des Raumes«, der Ausstellungsreihe in der Hamburger Kunsthalle, sowohl diejenige, die am dichtesten am herkömmlichen Tafelbild bleibt, als auch am angriffslustigsten mit ihm – im Wortsinn – bricht. In der Malerei interessiert sie das, was für gewöhnlich verborgen bleibt: die Rückseite eines Bildes und seine Ränder. Um diese sichtbar zu machen, staucht sie Leinwände zusammen, legt Keilrahmen wieder frei oder verzichtet gleich ganz auf sie. Sie dehnt, faltet, zerbricht, durchschneidet oder vernäht ihre Bilder nach Beendigung des Malprozesses. Einige ihrer Gemälde ragen weit in den Raum hinein, andere haben sich bereits vollständig von der Wand gelöst. Dabei arbeitet sie nicht projektbasiert, sondern kontinuierlich im Prozess und vertraut auf das ‚Machen‘. Franziska Reinbothe gehört zur jüngsten Generation der Gegenwartsmalerei und trägt mit ihrer Umdeutung von Gemälden als Ort von Formbildung durch Zerstörung wesentlich zu einer Neudefinition von Malerei bei. Der Prozess des Malens und formenden Zerstörens schafft durch Einbezug des Zufalls neue Bildtypen jenseits des Tafelbildes oder der Wandmalerei, die zugleich Bilder vom künstlerischen Prozess sind. Sie werfen Fragen nach ästhetischen Kategorien auf, beinhalten aber auch das Nachdenken über Nachhaltigkeit, Recycling und über die Frage, was ein Bild ist.
Alexander Klar/Jan Steinke