Rembrandt Harmensz. van Rijn

Die drei Bäume, 1643

Diese berühmte Landschaftsradierung Rembrandts bedarf wahrscheinlich kaum einer Erklärung, da sie aus sich heraus ganz unmittelbar wirkt. Die Gruppe der drei Bäume, die offenbar auf der Anhöhe eines Deiches steht, zieht die Blicke auf sich, das Auge des Betrachters wird in der Beschäftigung mit diesen Bäumen auch manche Einzelheiten entdecken, wie die vorüberziehende Pferdekutsche oder den kleinen Mann mit Hut, der von der Düne herab aufs Meer zu schauen scheint. Neben und hinter dem Plateau mit den Bäumen erstreckt sich die Ebene, die ebenfalls von Menschen und Tieren belebt ist und in der Ferne mit der Ansicht der Stadt Amsterdam abgeschlossen wird. Das Großartige dieser vielfach gegliederten Landschaft aber ist ihr Zusammenhang mit dem Himmel darüber, der ein regelrechtes Wetterdrama entfaltet. Das wechselhafte Wetter am Meer wird ebenso genau wie phantastisch ins Bild gebracht. Auf der linken Seite sind die Wolken schwarz, werden vom Wind zusammengetrieben und regnen sich ab. Die Schraffuren, die den Regen zeigen, hat Rembrandt teilweise mit dem Lineal gezogen. Von rechts, vom Meer her, nimmt die Helligkeit zu, das Unwetter zieht ab. Der Luftdruck steigt, was man an den hoch fliegenden Vögeln sehen kann. Aber über der Stadt und der Ebene baut sich das Wetter neu auf. Voluminöse Kumuluswolken werden wie in einem Kamin von einem Sog in die Höhe gezogen. Ihre lebendige Körperlichkeit steht in einem schönen Kontrast zu den starren Linien der Regenbahnen. Und hier verwandelt sich das Wettergeschehen: Kann man nicht Gestalten und Engel in ihren Himmel aufsteigen sehen? Wie aufgrund wissenschaftlicher Untersuchung angenommen wird, könnte Rembrandt hier eine Radierplatte abgeschliffen und neu verwendet haben, auf der er den Tod der Maria dargestellt hatte. Dann hätte er die aufsteigenden Engel, wie wir sie im Marientod (Inv.-Nr. 6219) sahen, teilweise erhalten. Das aber wäre kein Zufall, sondern vom Künstler gewollt, der wusste, dass er auch in der Landschaft die großen Zusammenhänge des Lebens und die Spannung zwischen Himmel und Erde in einem vollen Sinn finden kann.

Thomas Gädeke

Details zu diesem Werk

Radierung, Kupferstich und Kaltnadel 213mm x 284mm (Platte) 217mm x 286mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 6336 Sammlung: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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