Rembrandt Harmensz. van Rijn

Jupiter und Antiope, große Platte, 1659

Wir sehen hier eine junge Frau und einen Mann in einer Situation, die auf den ersten Blick weniger verfänglich erscheint, als sie wirklich ist: Die Frau hat sich nackt zur Ruhe gelegt und ist in tiefen Schlaf versunken. Von hinten kommt ein Mann angeschlichen, der an seinen kleinen Bockshörnern, dem Kranz und dem zottigen Haar als Satyr, d. h. als ein antiker Naturdämon zu erkennen ist. Vor sichtig hebt er das Tuch des Betts hoch, um die Frau genau zu betrachten, ohne dass sie erwacht. Den Fortgang der Geschichte können wir ahnen, und wer sich ein wenig mit den Göttergeschichten des antiken Griechenlands auskennt, wird wissen, dass es sich hier um Jupiter (Zeus) und die schöne Königstochter Antiope handelt. Der Göttervater war von deren Schönheit so betört, dass er sich ihr in der Gestalt eines Satyrs näherte, sie im Schlaf überraschte und verführte. Antiope wurde schwanger und floh. Sie bekam Zwillinge, Amphion und Zethos, die aber ausgesetzt wurden, weil sie keinen Menschen zum Vater hatten. Sie über lebten jedoch und konnten später ihre Mutter aus der Sklaverei befreien. Diese Geschichte mit der schlafenden Antiope wurde von vielen Künstlern dargestellt, weil sie erlaubte, einen Frauenakt wirkungsvoll wiederzugeben. Das Tuch, das Jupiter anhebt, ermöglicht auch uns, die schlafende Schöne zu betrachten, zumal sie uns zugewandt ist. Auf ihren Schoß fällt ein Schatten, der von dem heranschleichenden Jupiter geworfen wird – womit der Fortgang der Geschichte angedeutet ist.

Uta Kuhl
Vgl. hierzu auch Inv.-Nr. 6329.

Details zu diesem Werk

Radierung und Kaltnadel 139mm x 203mm (Platte) 141mm x 204mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 6328 Sammlung: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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