Rembrandt Harmensz. van Rijn

Das Hundertguldenblatt, um 1648

Der Titel dieses wohl bekanntesten Blattes von Rembrandts Hand bezieht sich nicht auf seinen Inhalt, sondern auf die Tatsache, dass Rembrandt es dieser großen Summe für wert hielt. Er soll es nämlich einmal für diesen Preis zurückgekauft haben. Eine andere Überlieferung besagt, dass ein römischer Kunsthändler mehrere Stiche von Marc Antonio Raimondi im Wert von 100 Gulden für dieses Blatt bei Rembrandt, der auch ein exquisiter Kunstsammler war, eingetauscht hat.
Auf dem großformatigen Blatt ist keine bestimmte Szene aus der Christusgeschichte dargestellt. Vielmehr ist das Wirken Christi, wie es im 19. Kapitel des Matthäusevangeliums ausgeführt wird, insgesamt dargestellt. Vor dunklem Hintergrund steht er in leuchtender Heiligkeit in der Mitte. Von rechts drängen sich die heran, die „mühselig und beladen sind“, Kranke und Hilfsbedürftige, die ihn um Heilung anflehen und diese auch erfahren werden. Auf der linken Seite sind es die Kinder, die er willkommen heißt („Lasset die Kinder zu mir kommen...“). Die Mutter, die mit ihrem Baby vor ihm steht, gibt den Blick frei auf die sitzende Figur eines nachdenklich den Kopf wiegenden jungen Mannes. Es ist der reiche Jüngling, der fragt, was er tun müsse, um vollkommen zu werden. Jesus sagt ihm: „Verkaufe, was du hast, und gib es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach.“ Der Jüngling kann sich nicht dazu entschließen, „denn er hatte viele Güter“. Darauf sagt Jesus: „Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.“ Rembrandt hat auch das Kamel auftreten lassen. Man sieht es am rechten Rand des Bildes. Hinter dem Jüngling diskutieren die Pharisäer, welche die theologischen Widersacher Christi waren, miteinander, während einige von ihnen sich Christus zuwenden. Das Hundertguldenblatt ist ein besonders hochstehendes Zeugnis von Rembrandts Radierkunst. Man wird vor dem Original die erreichten tiefen Dunkelheiten und strahlende Helligkeit in ihrer gegenseitigen Steigerung erleben.

Thomas Gädeke
Den gleichen Zustand zeigen Inv.-Nr. 6187 und 49228.
Den III. Zustand mit Überarbeitungen von Captain William Baillie zeigt Inv.-Nr. 6188.
Den IV. Zustand nach Zerteilung der Platte zeigen Inv.-Nr. 6188a, 6188b und 6188c.

Details zu diesem Werk

Radierung, Kupferstich und Kaltnadel 280mm x 394mm (Platte) 283mm x 398mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 6186 Sammlung: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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