Rembrandt Harmensz. van Rijn
Die Darbringung im Tempel in der dunklen Manier (Lukas 2, 22-40), um 1654
Als das Jesuskind etwa sechs Wochen alt war, gingen seine Eltern mit ihm in den Tempel, um Gott ein Opfer zu bringen, wie es nach dem jüdischen Glauben vorgeschrieben ist. Dort war ein weiser alter Mann, Simeon, der in Jesus den Messias erkannte und Gott dankte, dass er die Geburt dieses Kindes noch erleben durfte. Rembrandt hatte dieses Thema, die sogenannte Darstellung im Tempel, schon früher wiedergegeben, in einer Szene mit vielen Personen (vgl. Inv.-Nr. 6158). Bei diesem späteren Bild sind dagegen nur wenige Gestalten zu sehen, wobei der alte Simeon als Hauptperson herausgestellt ist: Er hält das Kind im Arm und preist Gott. Hinter ihm sind Maria und Joseph zu erkennen, die demütig knien. Während das Elternpaar beinahe völlig im düsteren Schatten des Tempels verschwindet, erstrahlt das Gesicht Simeons in hellem Licht. Auch der Priester, der das Opfer der Eltern annimmt und dem Simeon das Kind entgegenhält, ist hell beleuchtet. Dahinter steht der Hohepriester, bekleidet mit einer Art Turban; in der Hand hält er einen prunkvollen Stab. Er steht beinahe völlig im Schatten, was ihn, zusammen mit seinem mächtigen Gewand und dem strengen Blick, fast unheimlich wirken lässt. Bei Lukas wird noch eine zweite Person genannt, die viele Jahre auf den Erlöser gewartet hatte: die Prophetin Hannah. Sie ist es wahrscheinlich, die am rechten Bildrand von einer Empore aus auf die Szene herabschaut. Und es gibt einen weiteren Beobachter, den man allerdings kaum erkennen kann, da er im Dunkeln fast ganz versteckt ist. Nur wenn man genau hinschaut, ist zwischen den Säulen am linken Bildrand sein Kopf zu sehen. Um wen es sich dabei handelt, bleibt unklar.
Uta Kuhl