Rembrandt Harmensz. van Rijn

Anbetung der Hirten mit Laterne, um 1657

Wie auch bei der etwa ein Jahr früher entstandenen „Flucht nach Ägypten“ (vgl. Inv.-Nr. 6163) zeigt uns der Künstler die Anbetung der Hirten in dunkler Nacht. Nur schwer kann man die dargestellten Personen erkennen: Während Joseph im spärlichen Schein eines Lichtes – vielleicht auch eines Feuers – liest, sind Maria und das Kind eingeschlafen. Sie liegen nebeneinander im Stroh, auf Kissen gebettet. Das Kind ist mit warmen Tüchern dick eingehüllt, was die Szene viel realistischer erscheinen lässt als manche ältere Darstellung, bei welcher der Bibeltext wörtlich genommen oder das Kind sogar nackt gezeigt wurde. Von links sind die Hirten eingetreten und scheinen in andächtigem Staunen zu verharren. Der vorderste trägt eine Laterne, die einen schwachen Schein auf die Gesichter der Umstehenden sowie auf die schlafende Maria mit ihrem Kind wirft. Statt Ochs und Esel stehen drei Rinder am linken Bildrand. Rembrandt arbeitete an der Darstellung in mehreren Etappen. Insgesamt gibt es acht verschiedene Zustände dieser Radierung, in denen er die Szene in immer tieferes Dunkel tauchte. Damit hat der Künstler die technischen Möglichkeiten der Radierung bis zum äußersten ausgereizt. Doch ist anzunehmen, dass er auch eine inhaltliche Botschaft vermitteln wollte, indem er das Wunder von Christi Geburt in der Abgeschiedenheit des dunklen Stalles zeigte, von den meisten Menschen unbemerkt: Es fand nicht im hellen Licht der Öffentlichkeit statt, und selbst uns, die Betrachter des Bildes, scheint er nur zögernd daran teilhaben zu lassen. Hirten, einfache Menschen, sind die ersten Zeugen des Wunders.

Uta Kuhl
Einen späteren Zustand zeigt Inv.-Nr. 6154.
Vgl. hierzu auch Inv.-Nr. 6155 und 6155a.

Details zu diesem Werk

Radierung, Kupferstich und Kaltnadel 148mm x 198mm (Platte) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 6153 Sammlung: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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