Rembrandt Harmensz. van Rijn

Der Triumph des Mordechai (Esther 6, 7-12), um 1641

Das Buch Esther aus dem Alten Testament mit der Schilderung des Exils der Juden in Persien im 5. Jahrhundert v. Chr. war bei den niederländischen Künstlern sehr beliebt. Rembrandt wählte für dieses Blatt eine seltener dargestellte Begebenheit. Mordechai ist der Onkel und Vormund der schönen Esther, die der König Ahasver geheiratet hat, ohne zu wissen, dass sie Jüdin ist. Sie lebt beim König und wird dessen Lieblingsfrau. Mordechai erfährt von einem geplanten Mordanschlag auf den König und lässt ihn über Esther warnen. Nach langer Zeit erinnert sich der König dieses Lebensretters und fragt seinen ersten Minister Haman, was er für einen Mann tun könne, den er ehren möchte. Haman hasst die Juden und insbesondere Mordechai, dem er nach dem Leben trachtet. Er glaubt, der König wolle ihn selbst, Haman, ehren und antwortet, man solle diesem Mann königliche Kleider anlegen, ihn mit einer Königskrone schmücken und auf ein königliches Ross setzen. Dann solle ein Fürst des Königs diesen Mann im Triumph durch die Stadt führen. Der König ist damit einverstanden und enttäuscht Haman aufs bitterlichste, als dieser erfährt, dass es sein Erzfeind Mordechai ist, der so herausgestellt werden soll und Haman als der Fürst ausersehen ist, der ihn durch die Stadt geleitet.

In der Radierung hat Rembrandt das merkwürdige Verhältnis der beiden Männer Mordechai und Haman thematisiert. Der alte Mordechai, königlich ausgestattet mit Hermelinpelz, Zepter, Kette und einem hoch aufragenden Hut, der mit Bändern geschmückt ist, sitzt zwar hoch zu Ross, aber ohne allen Hochmut. Vielmehr zeigt sein Gesicht einen gütigen, aber zugleich vorsichtig abwartenden Ausdruck. Vor ihm geht Haman. Er breitet die Arme aus, um dem Reiter hinter ihm eine Bahn durch die Menschenmenge zu verschaffen. Sein Gesicht unter dem Turban, umkränzt mit einem schwarzen Vollbart, wirkt finster und angespannt. Rembrandt lässt die Menge des Volkes in einer Vielzahl unterschiedlicher Äußerungen begeistert reagieren: Menschen fallen auf die Knie, um Mordechai wie einem König zu huldigen. Dazu sieht man das Gedränge der Neugierigen, das Getuschel in einem Fenster, sogar einen waghalsigen Kletterer, der nur auf diese Weise einen Blick auf das Ereignis erlangen kann. Im Vordergrund rechts wird das Bild durch eine Mutter eingeleitet, die mit ihrem Kind auf dem Arm hinzutritt; eine dunkle Figur auf der linken Seite, die sich tief zum Boden hinunterbeugt, gibt gleichsam den Beschluss.

Thomas Gädeke

Details zu diesem Werk

Radierung und Kaltnadel 174mm x 215mm (Platte) 176mm x 215mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 6148 Sammlung: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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