Rembrandt Harmensz. van Rijn

Joseph und Potiphars Weib (Gen. 39, 7-12), 1634

Diese Szene ist Teil einer großen, ja, der ausführlichsten in der Bibel geschilderten Geschichte, die auch in die Weltliteratur einging und von Thomas Mann in seinem Roman Joseph und seine Brüder verarbeitet wurde. Joseph, der Sohn des Erzvaters Jakob, war von seinen Brüdern angefeindet und schließlich nach Ägypten verkauft worden. Hier gelang ihm dank seiner Tüchtigkeit der Aufstieg vom einfachen Sklaven zum Verwalter eines vornehmen Haushalts bei dem Würdenträger Potiphar. Doch Joseph erlebt eine Krise, die ihn wieder zurückwirft: Die Frau des Potiphar hat sich in ihn verliebt und sich so in dieses Gefühl hineingesteigert, dass sie ihn unbedingt für sich gewinnen möchte. Joseph erwidert ihre Gefühle nicht und ermuntert die Frau in keiner Weise, zumal er seinem Herrn Potiphar treu ergeben ist.
Rembrandt zeigt nun den Höhepunkt dieser Geschichte, die für Joseph schlecht ausgehen sollte. Denn die Frau hat ihn zu sich an ihr Bett rufen lassen, als wollte sie ihm einen Auftrag erteilen. Arglos erscheint er. Da versucht sie ihn in ihr Bett zu locken, aber auch ihre Nacktheit kann ihn nicht beirren, und als ihr die Verführung nicht gelingt, packt sie ihn an seinem Mantel, um ihn ins Bett zu ziehen. Man sieht, dass sie schon ganz verrückt vor Begehren und gar nicht mehr schön ist. Joseph wendet sich von ihr ab und schaut bewusst weg, damit sich ihr Liebesfeuer nicht noch mehr steigert. Er wehrt sie vorsichtig ab und tut ihr dabei keine Gewalt an, ja, berührt sie nicht einmal. Daran sieht man, dass er unschuldig ist. Die Frau aber ist in ihrer Enttäuschung so gemein, dass sie später behauptet, Joseph habe sich ihr unsittlich genähert. Da sie Josephs Mantel, den sie festhielt, behalten hat, dient dieser ihr als Beweis. Weil man einem Sklaven nicht glaubte, hatte Joseph keine Chance und musste für lange Zeit ins Gefängnis.

Thomas Gädeke

Details zu diesem Werk

Radierung 90mm x 115mm (Platte) 93mm x 117mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 6147 Sammlung: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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