Rembrandt Harmensz. van Rijn

Selbstbildnis zeichnend am Fenster, 1648

Mit dieser Radierung haben wir das letzte graphische Selbstbildnis Rembrandts vor uns. Nach 1648, dem Jahr des Endes des dreißigjährigen Krieges, sind Selbstportraits nur noch in der Zeichnung und der Malerei entstanden. Im zuletzt betrachteten Selbstbildnis von 1639 war stark die herausfordernde Pose eines kecken Stutzers aufgefallen. Davon ist bei diesem Bild nichts zu spüren. Man sieht einen Menschen vor sich, der mit sich einig ist in der Konzentration auf sein Tun. Kompakt und kräftig sitzt er an seinem Zeichentisch, auf den er als Unterlage ein Buch gelegt hat. Auf diesem liegen die Bögen des Papiers – oder ist es ein Skizzenbuch? – auf dessen obersten der Künstler mit der rechten Hand zeichnet. Offenbar hat Rembrandt einen Spiegel verwendet, um sich abzuzeichnen, und durch die Spiegelung sah und zeichnete er mit der rechten Hand eine linke zeichnende Hand, die durch den Druck der Radierung, der für abermalige Spiegelung sorgt, wieder zur korrekten rechten Hand wird. Der Künstler schaut sehr offen, aber auch sensibel und verletzlich aus dem Bild. Seine Kleidung ist einfach, sowohl der Kittel als auch der Hut. Auf einer später entstandenen Zeichnung trägt er auch diese Kleidung. Im 18. Jahrhundert wurde auf dieses Blatt notiert: Rembrandt van Rijn, von sich selbst gezeichnet, wie er gewöhnlich in seinem Atelier gekleidet war. Auf der Radierung hat er den Hut etwas nach oben geschoben, damit Gesicht und Stirn vollständig zu sehen sind. Das Licht des kleinen Fensters bescheint die gerade mal umrissene Hand und das Papier, aber auch das in feinsten Liniengespinsten ausführlich modellierte Gesicht. Die Landschaft, die man im Fenster sieht, ist wahrscheinlich erst nach Rembrandts Tod von einem Besitzer der Druckplatte hinzugefügt worden.

Thomas Gädeke
In diesem Zustand wurden Veränderungen von fremder Hand an der Platte vorgenommen. (Vgl. Hinterding, Erik / Rutgers, Jaco: The New Hollstein. Dutch & Flemish Etchings, Engravings and Woodcuts 1450 - 1700, Rembrandt, Text II, Ouderkerk aan den Ijssel 2013, S. 155, Kat. Nr. 240 VI)

Frühere Zustände, gänzlich von Rembrandts Hand, zeigen Inv.-Nr. 6007 und 6007a.

Details zu diesem Werk

Radierung, Kaltnadel, Grabstichel(?) und Mezzotinto 160mm x 130mm (Platte) 168mm x 137mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 6006 Sammlung: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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