Giovanni Volpato, Stecher
nach Ludovico Teseo, Zeichner
nach Raffael, eigentlich Raffaello Santi oder Sanzio, Maler, Erfinder
Marco Pagliarini, Verleger
Bordüre (unterer Teil): Hoffnung, Glaube, Liebe, 1777 (gestochen und radiert 1776)
Aus: "Loggie di Rafaele nel Vaticano" Band III, Tafel 11b
1509 begann Donato Bramante den Bau von dreistöckigen Arkaden an drei Seiten des Cortile di San Damaso (Damaus-Hof) im vatikanischen Palast. Nach dessen Tod vollendete Raffael 1514 die Anlage. Der Loggiengang im zweiten Stockwerk an der Westseite wurde von Raffael und seinen Mitarbeitern zwischen 1517 und 1519 ausgeschmückt. Vor allem waren hier Giulio Romano und Giovanni da Udine tätig. Die Grundidee war eine ornamentale Ausschmückung vor allem der Pilaster und eine bildnerische Ausmalung der Gewölbe mit Szenen der Bibel. Angeregt wurde die Gestaltung durch antike Dekorationen, die man in Gewölben unter den Ruinen der Titus-Thermen entdeckt hatte (erst im 19. Jh. erkannte man deren Zugehörigkeit zum Domus Aurea, dem Goldenen Haus des Nero). 13 Gewölbe zeigten eine fulminante Verbindung von Stuck und Malerei, von Bild und Ornament. Das Raffael-Team schuf eine überwältigende Vielfalt an Formen und Motiven mit einem überbordenden Einfallsreichtum im Detail. Der Gang hat als „Raffaels Loggien“ bzw. als „Bibel Raffaels“ immense Bekanntheit und Bedeutung erlangt. Schon die Zeitgenossen, aber auch nachfolgende Generationen haben sich für dieses Ensemble begeistert.
Hinsichtlich der Verbreitung der Bildideen Raffaels mittels Druckgraphiken lässt sich festhalten, dass lange Zeit fast ausschließlich die biblischen Szenen reproduziert wurden. Dies geschah vor allem im 17. Jahrhundert mit mehreren vollständigen Editionen. Die Pfeiler- und Gewölbedekorationen mit ihrer wegweisenden Groteskenmalerei blieben lange Zeit nahezu unbeachtet.
Vor diesem Hintergrund kommt der in den 1770er Jahren edierten umfassenden Graphikserie „Loggie di Rafaele nel Vaticano“ höchste Bedeutung zu. Mit ihr stand erstmals nahezu die komplette Loggien-Gestaltung in qualitätvollen Abbildungen zur Verfügung. Zunächst hatte seit den späten 1760er Jahren Giovanni Ottaviani mit dem Maler Gaetano Savorelli und dem Architekten Pietro Camporesi zusammen gearbeitet. Von der Bedeutung ihres Unternehmens zeugt die Tatsache, dass Papst Clemens XIII. (1758-1769) seine Zustimmung erteilt hatte. Sptestens 1772 stieß Giovanni Volpato und dann auch Ludovico Teseo dazu. Mit unterschiedlicher Beteiligung der genannten Künstler erschien die Folge in drei Teilen mit 46 großformatigen Druckgraphiken zwischen 1772 und 1777: Teil I 1772 (vorbereitende Arbeiten seit spätestens 1768); Teil II 1776 (gestochen und radiert zwischen 1772 und 1774); Teil III 1777 (gestochen und radiert zwischen 1774 und 1776).
Während die ersten beiden Teile sich sehr genau an die Vorgaben hielten, erlaubte sich Volpato im dritten Teil einige Freiheiten. So komponierte er verschiedene Elemente aus unterschiedlichen räumlichen Segmenten eigenwillig neu. Diese Eigenart ist zwar aus heutiger Sicht bedenklich, doch schmälert sie die herausragende Leistung und Bedeutung der Edition kaum. Die „Loggie di Rafaele nel Vaticano“ sind ein Meisterwerk der Reproduktionsgraphik, dass vor allem in den sorgfältig handkolorierten Ausgaben von bestechender Qualität ist. Zudem ging von der Folge eine eminente Wirkung auf die Raumgestaltung des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts aus. Die Impulse bis hin zur Arabeskenkunst sind vielfältig.
Zum oberen Teil der Darstellung vgl. Inv.-Nr. 58283a.
Vgl. zur Edition: Corinna Höper: Raffael und die Folgen. Das Kunstwerk in Zeitaltern seiner graphischen Reproduzierbarkeit, Ostfildern-Ruit 2001, S. 472-480 mit weiterer Literatur.
Giovanni Volpato. Les Loges de Raphaël et la Galerie du Palais Farnese. Hrsg. von Annie Gilet. Ausst.-Kat. Musée des Beaux-Arts Tours 2007, Cinisello Balsamo, Mailand 2007.
David Klemm