Anonym, Anfang 18. Jahrhundert (italienisch?)

Bildnis Carlo Maratta

Das bislang unbekannte Porträt zeigt Maratta in strengem Profil. Dadurch ist die leicht nach oben gebogene Form der Nase besonders deutlich herausgestellt. Sie ist auf Marattas zumeist frontalen Selbstbildnissen in dieser Deutlichkeit, die schon leicht karikierende Züge hat, nicht wahrnehmbar. Obgleich Maratta durch den Pinsel in seiner Hand als Künstler zu erkennen ist, verweisen die Perücke und vor allem das Rittergewand gleichzeitig auf seine durch seinen Beruf erworbene gehobene Stellung. Maratta war 1704 dank seiner Verdienste von Papst Clemens XI. zum Ritter geschlagen worden. Die führende Stellung des Künstlers in der damaligen Malerszene wird zudem durch den um den Rahmen gewundenen Lorbeer unterstrichen. Irritierend wirkt, dass Maratta auf diesem Bildnis eher jugendlich wirkt, obgleich er sich bei seiner Rangerhöhung bereits in hohem Alter befand.
Ursula Fischer Pace hält die Porträtähnlichkeit für wahrscheinlich und nimmt eine Entstehung im 18. Jahrhundert im Umkreis der römischen Accademia an. Aufgrund der falschen Schreibweise des Wortes „pittore“ könnte das Bildnis auch von einem Nicht-Italiener stammen.(Anm.1)
Die Funktion des Blattes lässt sich bislang nicht klären. Es steht in der langen italienischen Tradition der Künstlerbildnisse, wie sie – ausgehend von Vasaris Viten – in großer Zahl entstanden sind. In manchen Zügen erinnert das Blatt an die Porträtsammlung des Nicola Pio, in der bislang kein Maratta-Porträt nachweisbar ist. Gegen eine Zugehörigkeit zu diesem Komplex spricht, dass die Mehrzahl dieser Bildnisse mit kleineren Porträts und größerem Raum für Schrift gestaltet wurden und zudem qualitativ besser sind.

David Klemm

1 Mitteilung per E-Mail auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 27.9.2006.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide; montiert, mit Rahmung versehen 255mm x 203mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 57009 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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