Jacopo Palma il Giovane (Umkreis)

Der tote Christus

Das Blatt gelangte als anonyme Zeichnung in die Sammlung und wurde per Kartonnotiz von Iván Fenyö in die Nähe Palma il Giovanes gerückt. Diese Einordnung ist insofern nachvollziehbar, als die insgesamt kürzelhafte Zeichenweise mit vielen Haken und die im Konturbereich angesetzte Schraffur bei Palma häufiger nachweisbar sind.(Anm.1) Eine weitere Übereinstimmung liegt in der Anlage der Schraffuren, die häufig nicht ausschließlich parallel, sondern teilweise auch recht frei und mit Kurven gezeichnet sind. Auch einige Details, wie die skizzenhafte Andeutung der Hände, finden sich in Palmas reichem zeichnerischen Werk.(Anm.2)
Verbindungen zu Palma ergibt auch das Motiv des toten Christus. Dieses lässt sich vereinzelt im reichen bildnerischen Schaffen des Künstlers nachweisen, ohne dass genaue motivische Entsprechungen vorlägen.(Anm.3)
Trotz dieser Ähnlichkeiten ist eine Autorschaft Palmas eher unwahrscheinlich. Ungewöhnlich für ihn sind die Unterzeichnung mit Rötel und die deutlichen Pentimenti. Letztlich sei darauf verwiesen, dass auch die doppelten Schraffuren auf dem rechten Rippenbereich wie auch die insgesamt sehr zurückhaltende Lavierung für ihn untypisch sind. Insgesamt dürfte das Blatt demnach zwar von Palmas Zeichenstil beeinflusst, aber allenfalls in dessen Umkreis oder Nachfolge entstanden sein.

David Klemm

1 Vgl. z. B. „Beweinung“, Venedig, Museo Correr, Inv.-Nr. cl. III 8573; Palma il Giovane 1548-1628. Disegni e dipinti, hrsg. v. Stefania Mason Rinaldi, Ausst.-Kat. Venedig, Museo Correr 1990, S. 132–133, Nr. 52 b.
2 Vgl. z. B. „Pfingsten“, Venedig, Museo Correr, Inv.-Nr. cl. III 8511 (vgl. die Apostel unten); „Bethlehemitischer Kindermord“, Venedig, Museo Correr, Inv.-Nr. cl. III 8577; vgl. Palma il Giovane 1548-1628. Disegni e dipinti, hrsg. v. Stefania Mason Rinaldi, Ausst.-Kat. Venedig, Museo Correr 1990, S. 71, Nr. 17 b und S. 136–137, Nr. 54 b.
3 Vgl. Stefania Mason Rinaldi: Palma il Giovane. L’opera completa, Classici dell’arte, Mailand 1984. Liegende Beweinungen sind bei Palma eher selten, häufiger ist die Darstellung des noch halb sitzenden Christus. Dem Hamburger Blatt entfernt vergleichbar ist eine Beweinung in Graz, Alte Galerie im Landesmuseum, Inv.-Nr. 19; vgl. Stefania Mason Rinaldi: Palma il Giovane. L’opera completa, Classici dell’arte, Mailand 1984, S. 86, Kat. 107, Abb. S. 456, Nr. 737. Allerdings bestehen deutliche Unterschiede, z. B. in der Haltung des linken Armes.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun über Rötel, braun laviert; Einfassungslinie (Feder in Braun); aufgezogen 121mm x 189mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 56151 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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