Bernardino Campi

Die Hll. Hieronymus und Antonius

Die Zeichnung lag unter den niederländischen Meistern des 17. Jahrhunderts, bevor sie 1984 von Konrad Oberhuber per Kartonnotiz als Werk Bernardino Campis erkannt wurde. Zweifelsfrei lässt sich die Komposition mit dem um 1562 bis 1568 entstandenen Gemälde „Die Hll. Hieronymus und Antonius “ in der nahe bei Campis Heimatstadt Cremona gelegenen Kirche S. Sigismondo in Verbindung bringen.
Campi hatte 1562 vom Podestà von Cremona, Giulio Claro, den ehrenvollen Auftrag erhalten, für dieses Gotteshaus zwei Kapellen – eine für die genannten Heiligen, eine andere für die Hl. Cäcilie und die Hl. Katherina – auszumalen. Der vielbeschäftigte Künstler war damals in Mailand tätig und dürfte auch die Altarbilder dort vollendet haben.(Anm.1) Zu dem Gemälde zu Ehren der Hll. Antonius und Hieronymus haben sich zwei die Komposition sehr genau wiedergebende Zeichnungen im Jack A. Blanton-Museum, Austin, Texas (Anm.2) und in Hamburg erhalten. Die Sicherheit der Komposition und die Quadratur auf dem Hamburger Blatt deuten darauf hin, dass der Künstler bereits eine sehr genaue Vorstellung von der endgültigen Bildlösung hatte und dass weitere, allerdings nicht nachweisbare Studien vorausgegangen sein müssen. Beide Blätter unterscheiden sich nur in wenigen Details, vor allem im Hintergrund. Da die Zeichnung in Austin nicht nur deutlich größer, sondern auch detaillierter ausgeführt wurde, kann sie eindeutig als eine Art modello für den Auftraggeber angesehen werden.(Anm.3) Dem entspricht eine vorzügliche Qualität der Ausführung. Die Hamburger Zeichnung muss in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu diesem Modell entstanden sein und die Quadrierung spricht dafür, dass sie bei der Übertragung des Entwurfs auf die Leinwand eingesetzt worden ist. Angesichts der Komplexität der Campi-Bilder überrascht eine so differenzierte Vorbereitung keineswegs, sie ist für Bernardino gerade im Zusammenhang mit S. Sigismondo mehrfach dokumentiert.(Anm.4) Der von einem unbekannten Sammler (?) auf dem Verso als Urheber genannte Abraham Bloemaert ist insofern verständlich, als Campi auch im Zusammenhang der Cremoneser Aufträge Einflüsse niederländischer Künstler im Allgemeinen wie von Bloemaert im Speziellen verarbeitet hat.(Anm.5)

David Klemm

1 Vgl. Jonathan Bober: I grandi disegni italiani del Blanton Museum of Art dell’Università del Texas, Cinisello Balsamo [Mailand] 2001, Nr. 9.
2 Austin, Blanton Museum of Art, University of Texas (bei Jonathan Bober: I grandi disegni italiani del Blanton Museum of Art dell’Università del Texas, Cinisello Balsamo [Mailand] 2001, o. S., Nr. 9, ohne Angabe der Inv.-Nr.).
3 Jonathan Bober: I grandi disegni italiani del Blanton Museum of Art dell’Università del Texas, Cinisello Balsamo [Mailand] 2001, Nr. 9.
4 Vgl. z. B. Studie für „Il Padre Eterno al centro del Paradiso“ für San Sigismondo. Privatsammlung London; für „Die Hll. Cäcilia und Katharina“ in S. Sigismondo gibt es eine kleine Vorzeichnung in der Mailänder Ambrosiana, Cod. F 266 Inf. n. 49.
5 Vgl. Giulio Bora: Disegni di Manieristi Lombardi, Mailand 1971, S. 39, Nr. 44, mit Hinweis auf das Gemälde „Die Hll. Cäcilia und Katharina“ in S. Sigismondo in Cremona.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, weiß gehöht, braun laviert; mit einer Rahmung versehen; das Motiv mit Graphit quadriert 117mm x 80mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52376 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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