Jacob de Wit, Kopie

Der Herbst

Im Vordergrund einer Nische sitzt ein Putto mit Schellenkranz auf einem mit Trauben gefüllten Sack, neben ihm liegt ein leerer Pokal auf dem Boden. Rechts hinter ihm pressen zwei Knaben Weintrauben in ein Kelterfass, während ein dritter die Trauben vom Boden aufsammelt. Links steht ein Putto, Trauben stampfend, in einer Amphore; in der Hand hält er einen „Thyrsos“ genannten Stab mit Pinienzapfenknauf, eines der Insignien des Weingottes Bacchus. Ein weiterer Putto bekränzt eine Bacchus-Herme mit Weinlaub.
Diese Darstellung der Weinherstellung ist sicher als Allegorie auf den Herbst zu verstehen, einem Thema, wie es in dieser Form häufig von Jacob de Wit wiedergegeben wurde.(Anm.1) Dennoch handelt es sich, im Gegensatz zu der von Oehler vertretenen Meinung, nicht um eine Komposition von eigener Hand.(Anm.2) Gegen De Wits Autorschaft sprechen die zu schlank proportionierten Figuren, die zaghaften, stellenweise zittrig gestrichelten Umrisslinien, die süßlich schematisierten, im Verhältnis zu den Haaren zu klein geratenen Puttengesichter und die nicht gedoppelte Einfassungslinie.(Anm.3)
Angesichts der im Schriftbild die Künstlersignatur nachahmenden Bezeichnung „JdWit int“ ist fälschende Absicht nicht auszuschließen, ebenso wenig wie die Möglichkeit, dass unser Blatt als Kopie auf ein eigenhändiges Werk zurückgeht. Eine entsprechende Vorlage ist bislang allerdings nicht bekannt.

Annemarie Stefes

1 Z. B. die 1752 datierte „Herbstallegorie“ in Kassel, mit der das Blatt von Thomas, in: The Eighteenth Century. One hundred drawings by one hundred artists, Ausst.-Kat. Minneapolis 1961, und von Oehler 1962 assoziiert wurde: Kassel, Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. GK 432, Vom Adel der Malerei. Holland um 1700, hrsg. von Ekkehard Mai, Sander Paarlberg, Gregor J.M. Weber, Ausst.-Kat. Köln/Dordrecht/Kassel 2006, S. 332, Abb. 1; vgl. auch eine ebenfalls 1752 datierende Variante, 1942 im Kunsthandel J. Denijs, Amsterdam, Photo RKD. Das Motiv der Herme war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den Niederlanden ausgesprochen populär.
2 Lisa Oehler: Unbekannte Vorzeichnungen zu einigen Gemälden in der Kasseler Galerie., in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein 1/2, 1962, S. 104-116, S. 112–113.
3 Vgl. eine thematisch verwandte Nischendekoration in Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. I 3664; vgl. auch je eine „Herbstallegorie“ in Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1885-13, Lisa Oehler: Unbekannte Vorzeichnungen zu einigen Gemälden in der Kasseler Galerie., in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein 1/2, 1962, S. 104-116, Abb. 16, und Boston, Sammlung Gordon, A selection of Dutch 18th century drawings and watercolours from the Gordon collection: a souvenir catalog for the CODART study visit, Ausst.-Kat. Boston, St. Bodolph Club 2003, Nr. 18. – Zu der gedoppelten Einfassungslinie als Kennzeichen authentischer De-Wit-Zeichnungen vgl. Robert-Jan A. te Rijdt: Kaderlijnen: een hulpmiddel bij toeschrijvingen aan Jacob de Wit, in: Delineavit & Sculpsit 23, 2001, S. 18-21. Auf der in Aufbau und Technik verwandten, etwas größer formatierten „Allegorie der Wahrheit“, 1745, Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. TvB T 520, Robert-Jan A. te Rijdt: Jacob de Wit, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 58-59 und 60-62, Abb. 3 ist auch die Nische auf diese charakteristische Weise gerahmt.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, Pinsel in Braun und Deckweiß über Graphit auf hellbraun grundiertem Papier; Einfassungslinien (Feder in Braun) 216mm x 108mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52336 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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