Anonym (17. Jahrhundert), Zeichner
nach Annibale Carracci, Maler, Erfinder

Sitzender bärtiger Greis (nach einem Motiv aus der Galleria Farnese in Rom)

Im 17. Jahrhundert zählte das Studium der großartigen Fresken von Raffael und der Carracci in Rom zum unverzichtbaren Ausbildungsprogramm angehender Maler. Dies belegt auf besonders anschauliche Weise das Studienblatt eines anonymen Zeichners des 17. Jahrhunderts. Es zeigt auf der Vorderseite eine der männlichen Aktfiguren („Atlant“, „Gefangener“), wie sie um 1600 an der südlichen Stirnseite in der Galleria des Palazzo Farnese unterhalb des Bildes „Perseus befreit Andromeda“ ausgeführt worden war.(Anm.1) Auf dem Verso sieht man eine Darstellung der Venus, wie sie Raffael mit seinen Mitarbeitern um 1517 in der Sala di Psiche in der Villa Farnesina freskiert hat.(Anm.2)
Beide Rötelzeichnungen geben die Vorlagen relativ genau wieder. Es erscheint also vorstellbar, dass der anonyme Zeichner die beiden nur wenige hundert Meter voneinander entfernten Werke direkt in Rom studiert hat. Weniger wahrscheinlich ist, dass er nach heute verlorenen Originalentwürfen der Carracci oder nach weniger genauen Reproduktionsstichen des 17. Jahrhunderts kopiert hat.(Anm.3)
Weitere Nachzeichnungen nach der nackten Figur aus dem Palazzo Farnese befinden sich u. a. in Pesaro, Museo Civico und in Urbania, Biblioteca Communale.(Anm.4)

David Klemm

1 Vgl. die Abbildung des Freskos bei John R. Martin: The Farnese Gallery, Princeton 1965, o. S., Abb. 83.
2 Das Thema lautet: „Venus bittet Juno und Ceres um Rat“.
3 Vgl. zum Beispiel Carlo Cesios Kupferstich; The Illustrated Bartsch 47 (19), 64 (114).
4 Urbania, Biblioteca Communale, Inv.-Nr. I 68.15; vgl. Marina Cellini: Disegni della Biblioteca Comunale di Urbania. La Collezione Ubaldini. Catalogo generale, 2 Bde., Ancona 1999, I, S. 51, Nr. 67, mit Abb.

Details zu diesem Werk

Rötel 412mm x 236mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52291 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback