Stefano della Bella (Kopist)

Studienblatt mit fünf Händen

Die bislang unter den anonymen Italienern des 16. Jahrhunderts abgelegte Zeichnung ist eine genaue Kopie nach einer Radierung Stefano della Bellas aus dessen wohl 1641 erschienenem Lehrbuch „PRINCIPII DEL DISEGNO“.(Anm.1) Diese Graphik zeigt fünf einzelne Hände, die allerdings im Vergleich zur Hamburger Zeichnung zum Teil seitenverkehrt und in anderer Zusammenstellung angeordnet sind. Die rechte untere Hand ist zudem gegenüber der Radierung leicht beschnitten, sodass vermutet werden kann, dass das Blatt ursprünglich größer gewesen ist. Von dem Druck existiert auch ein Contre-Epreuve, der die Hände seitengleich zeigt. Die Fußstudie ist ebenfalls nach einer Radierung aus den „PRINCIPII DEL DISEGNO“ ausgeführt.(Anm.2)
Eine direkte Zuweisung an Stefano della Bella ist auszuschließen. Zwar finden sich in seinem reichen zeichnerischen Schaffen auch gelegentlich akkurat ausgeführte Federzeichnungen; derartige fast ausschließlich als Vorzeichnungen genutzten Blätter weisen aber stets eine geschmeidigere und vor allem auch feinere Linienführung auf.(Anm.3) Gegen della Bella spricht auch die starke Konturierung der einzelnen Gliedmaßen.
Der anonyme Kopist hat mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf eine Vorzeichnung des Künstlers zurückgegriffen. Vielmehr ist anzunehmen, dass er ein Contre-Epreuve der Radierung zur Verfügung hatte, nach dem er dann ohne Probleme seitengleich zeichnen konnte.(Anm.4) Die Art der Zusammenstellung der Körperteile auf Recto und Verso deuten auf die Funktion eines Studienblattes hin. Der Kopist hat bis in kleine Schattierungen hinein sehr genau gezeichnet, womit der von della Bella beabsichtigte Sinn seines Lehrbuchs optimal erfüllt worden ist.

David Klemm

1 Zur Serie vgl. Jolanta Talbierska: Stefano della Bella (1610-1664). Etchings from the Collection of the Print Room of the Warsaw University Library, Warschau 2001, S. 61–66. Stefano della Bella. Catalogue Raisonné, bearb. v. Alexandre de Vesme, with Introduction and Additions by Phyllis Dearborn Massar. 2 Bde., New York 1971, I, S. 94, Nr. 368.
2 Stefano della Bella. Catalogue Raisonné, bearb. v. Alexandre de Vesme, with Introduction and Additions by Phyllis Dearborn Massar. 2 Bde., New York 1971, I, S. 94, Nr. 369.
3 Vgl. z. B. den Entwurf für die „Studie des Pferdekopfes der Reiterstatue des Marc Aurel im Dreiviertelprofil“, Inv.-Nr. 1967-235, die für Stefano della Bella. Catalogue Raisonné, bearb. v. Alexandre de Vesme, with Introduction and Additions by Phyllis Dearborn Massar. 2 Bde., New York 1971, I, S. 113, Nr. 728, verwendet wurde; das Blatt gehört zur der Serie „Têtes de différents animaux: quattre pièces“; Stefano della Bella. Catalogue Raisonné, bearb. v. Alexandre de Vesme, with Introduction and Additions by Phyllis Dearborn Massar. 2 Bde., New York 1971, I, S. 113–114, Nr. 726–729.
4 Jolanta Talbierska: Stefano della Bella (1610-1664). Etchings from the Collection of the Print Room of the Warsaw University Library, Warschau 2001, S. 62, wies darauf hin, dass es auch Contre-Epreuves der Radierungen in Rötel gibt, womit die Darstellung des Fußes in Rötel noch plausibler erklärbar ist.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun 130mm x 195mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52241 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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