Lorenzo Monaco (Umkreis)

Blatt aus einer Psalterhandschrift mit Initiale B und der Darstellung von Gottvater und dem büßenden David, um 1400/1430

Die aus einer Psalterhandschrift stammende Initiale B mit der Darstellung des büßenden Psalmisten David leitet den ersten Psalm „Beatus vir […]“ ein.(Anm.1) Obgleich das ursprüngliche Blatt stark beschnitten zu sein scheint, ist der Text des Psalms auf dem Verso eindeutig zu erkennen.(Anm.2)
Das Blatt gelangte 1908 als Arbeit eines italienischen Miniaturisten des 14. Jahrhunderts in das Kupferstichkabinett. Bereits damals war offensichtlich klar, dass die von unbekannter Hand vermerkte Zuschreibung an „Giotto“ nicht zutreffend sein konnte. Vielmehr lässt sich die Entstehung des Blattes dank der Beobachtungen von Katharina Georgi und Gaudenz Freuler mit großer Wahrscheinlichkeit in das frühe 15. Jahrhundert in den Umkreis des in Florenz tätigen Lorenzo Monaco bestimmen. Allerdings erweisen sich die gesicherten Zeichnungen des Künstlers im Vergleich als wesentlich feiner und eleganter.(Anm.3) Immerhin lässt, wie Katharina Georgi betonte, „das weich fallende Faltenbündel am Gewand des David durchaus einen geübten Zeichner spüren, wenngleich die Zeichnung ansonsten eher skizzenhaft angelegt ist. Auch die in schmalen Schlitzen angegebenen Augen passen gut in den Umkreis Lorenzos.“(Anm.4)
Die Buchstabenkörper haben auf dem Hamburger Blatt einen recht kraftvollen Charakter mit den üppigen Blättern und der architektonischen Durchgestaltung mit „Schaftringen“. Derartige Beispiele finden sich im Werk Lorenzo Monacos an vielen Stellen.(Anm.5) Gut vergleichbar ist auch eine 2005 im Kunsthandel angebotene Initiale Lorenzos mit dem segnenden Christus, die aus einem Graduale aus der Zeit um 1420–1423 stammt.(Anm.6) So sind die Kopfform, die Behandlung des Hintergrundes mit Strahlen und der Buchstabenkörper sehr ähnlich gestaltet.(Anm.7)
Irritierend ist die Behandlung des Rahmens mit den vereinzelten Blütenmotiven, da der „normale“ Rahmendekor noch bis weit in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts aus dichten Blattranken besteht. Als denkbare Erklärung schlug Gaudenz Freuler vor, dass der Maler hier erst einen Teil der Zeichnung ausgeführt hatte und vielleicht noch vorhatte, die Blüten durch Blattwerk zu verbinden. Als technisches Detail ist erwähnenswert, dass die farbige Ausarbeitung der Miniatur offensichtlich nie vollzogen wurde, obgleich die Grundierung für zu vergoldende Partien bereits angelegt ist.
Aufgrund der hier gemachten Beobachtungen dürfte das Blatt mit einiger Sicherheit in Florenz – wohl im Umkreis Lorenzo Monacos – im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts entstanden sein. Eine genauere Bestimmung ist aufgrund der fehlenden Farbe kaum möglich.

David Klemm

1 Für wesentliche Hilfe bei der Einschätzung des Blattes ist Katharina Georgi, Hamburg, und Professor Gaudenz Freuler, Zürich, zu danken.
2 Vgl. z. B. die Textpassagen „[…] [fr]uctum su[u]m dabit in te[m]pore [suo. et] folium eius no[n] defluet […]“ usw.
3 Vgl. die Abb. im Lorenzo Monaco. A Bridge from Giotto’s Heritage to the Renaissance, hrsg. v. Angelo Tartuferi, Daniela Parenti, Ausst.-Kat. Florenz, Galleria dell’Accademia, Florenz 2006.
4 Mitteilung per E-Mail vom 3. 11. 2006.
5 Vgl. Lorenzo Monaco. A Bridge from Giotto’s Heritage to the Renaissance, hrsg. v. Angelo Tartuferi, Daniela Parenti, Ausst.-Kat. Florenz, Galleria dell’Accademia, Florenz 2006.
6 Antiquariat Jörn Günther, Ausst.-Kat. XIII b, S. 301.
7 Mitteilung von Katharina Georgi, E-Mail vom 3. 11. 2006.

Details zu diesem Werk

Feder auf Pergament (?) 176mm x 174mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52237 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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