Giovanni Battista Tiepolo

Karikatur eines Kavaliers mit den Händen vor der Brust

Giovanni Battista Tiepolo fertigte neben seiner umfangreichen und höchst erfolgreichen Tätigkeit als Maler auch zahlreiche Karikaturen an. Weltweit dürften heute ca. 250 bis 300 Werke dieser Art nachweisbar sein – wohl nur ein Teil seines diesbezüglichen Schaffens. Damit machen die Karikaturen immerhin ungefähr ein Zehntel des gesamten zeichnerischen Œuvres aus.(Anm.1)
Im Gegensatz etwa zu Pier Leone Ghezzi (1674–1755), einem der Hauptvertreter der Karikatur in Italien, interessierte sich Tiepolo offensichtlich überhaupt nicht für Karikaturen bekannter Persönlichkeiten. Ihm ging es um die Darstellung einfacher Leute wie Händler, Mönche, Bürger, gelegentlich auch Vagabunden und Edelleute. Diese wohl nie näher bezeichneten Personen sind fast ausschließlich allein und sehr häufig im Profil gezeichnet. Dabei gelang es Tiepolo, mit sicherer und rascher Umrisszeichnung die wesentlichen Charakteristika der Dargestellten hervorzuheben. Tiepolo benutzte für seine Karikaturen stets die Feder; mittels Lavierungen klärte er die Binnenformen; flüchtige kritzelartige Zeichen wie auch Schraffuren fanden sehr selten Verwendung. Die vorherrschende flächige Modellierung rückt seine Karikaturen in die Nähe der entsprechenden Zeichnungen Guercinos und unterscheidet sie grundsätzlich vom Linienstil römischer Karikaturen.
Die drei Hamburger Blätter lassen sich mit zahlreichen ähnlichen Karikaturen in Verbindung setzen. Eduard Sack verglich sie bereits 1910 zu Recht mit drei Karikaturen der ehemaligen Sammlung Morelli.(Anm.2) Deutliche Übereinstimmungen finden sich auch in einem heute aufgelösten Album mit karikierten Ganzfiguren, dem sogenannten „Tomo terzo di Caricature“.(Anm.3)

David Klemm

1 Zu Tiepolo als Karikaturist vgl. vor allem Tiepolo. Ironia e comico, hrsg. v. Adriano Mariuz, Giuseppe Pavanello, Cataloghi di Mostre 62, Ausst.-Kat. Venedig, Fondazione Giorgio Cini, Venedig 2004, S. 117–146; Max Kozloff: The Caricatures of Giambattista Tiepolo, in: Marsyas 10, 1960-61, S. 13-33, S. 13 ff.; Willem Rudolf Juynboll: Het Komische Genre in de Italiaanssche schilderkunst gedurende de 17de en de 18de eeuw. Bijdrage tot de geschiedenis van de caricatuur, Leiden 1934, S. 209 f.; zum folgenden vgl. auch den Beitrag von Gerd Unverfehrt, in:Bild als Waffe. Mittel und Motive der Karikatur in fünf Jahrhunderten, hrsg. v. Gerhard Langemeyer, Gerd Unverfehrt, Herwig Guratzsch, Christoph Stölzl, bearb. v. Jürgen Döring, Ausst.-Kat. Hannover, Wilhelm-Busch-Museum, Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund, Göttingen, Kunstsammlung der Universität, Kunstverein, München, Stadtmuseum, Hannover, München 1984, S. 73.
2 Eduard Sack: Giambattista und Domenico Tiepolo. Ihr Leben und ihre Werke. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts, Hamburg 1910, S. 258, Nr. 195–198, Abb. 256 a-b.
3 Vgl. Tiepolo. Ironia e comico, hrsg. v. Adriano Mariuz, Giuseppe Pavanello, Cataloghi di Mostre 62, Ausst.-Kat. Venedig, Fondazione Giorgio Cini, Venedig 2004, S. 117–146.

Details zu diesem Werk

Feder in Schwarz und Braun, grau und braun laviert 177mm x 93mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52206 Sammlung: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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