Peter Candid eigentlich Pieter de Witte( I), Werkstatt
Anonym (deutsch, 18. Jahrhundert), ehemals

Personifikation der Flora auf Wolken, 1610/20

Das Blatt ist als Zeichnung eines anonymen Meisters des 18. Jahrhunderts inventarisiert worden, doch handelt es sich um die Arbeit eines Künstlers, der um 1600 in München tätig war. Die Technik der Zeichnung und besonders die Quadrierung mit roter Kreide erinnern an Arbeiten Peter Candids ebenso wie die charakteristische Bildung der Puttenköpfe.(Anm. 1) Sie kommen mit ihren aufgeworfenen Stirnhaaren ganz ähnlich als Begleitfiguren am Sockel eines Entwurfs für ein Reliquiar in Stuttgart vor, den Geissler in die Nä­he Candids gerückt hat.(Anm. 2) Das Stuttgarter Blatt schließt mit seiner schnittig scharfen Gewandbildung der Hauptfigur an Candids Frühwerke in München an, das Hamburger Blatt dagegen ist bereits malerischer aufgefasst und am ehesten zur Zeit der Deckenbilder für die Münchner Residenz kurz nach 1600 entstanden. Brigitte Volk-Knüttel verweist auf ein Blatt mit Euterpe in Privatbesitz (Anm. 3), das mit der Ausmalung eines Pavillons im sog. Großen Garten im Süden der Residenz in Zusammenhang steht und auf dem die Gewänder ähnlich erstarrt wirken, allerdings ist das Hamburger Blatt demgegenüber im Ganzen weniger locker ausgeführt. Dass das Blatt ein Entwurf für ein Deckengemälde ist, legt das dargestellte Thema einer Personifikation der Flora nahe, aber auch das Sitzmotiv mit dem hochgestellten rechten Bein, das ähnlich auf drei im Krieg zerstörten Deckenbildern aus Hofbesitz vorkam, die im Bayerischen Nationalmuseum eingebaut waren.(Anm. 4) Das Hamburger Blatt dürfte im Zusammenhang der Ausmalung der Münchner Residenz im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts entstanden sein, als Candid zahlreiche Mitarbeiter für die Aufträge in der Residenz und die Vorbereitung von Wandteppichen beschäftigt hat.

Peter Prange

1 Vgl. etwa „Alexander der Große mit dem Gordischen Knoten“, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. C 23:53, vgl. auch Brigitte Volk-Knüttel: Peter Candid – Zeichnungen, Ausst.-Kat. München 1979, S. 47–48, Abb. 106.
2 Ausst.-Kat. Stuttgart 1979, Bd. 1, S. 157, Nr. D 25, Abb.
3 Brief vom 13.11.2005, ich danke darüber hinaus Brigitte Volk-Knüttel für weitere Hinweise zum Blatt, vgl. auch Volk-Knüttel (Anm. 1), S. 48–49, Nr. 28, Abb. 102.
4 Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, Bd. III, Teil II: Stadt und Landkreis München, Profanbauten, bearbeitet von Anna Bauer-Wild und Brigitte Volk-Knüttel, hrsg. v. Hermann Bauer, Bernhard Rupprecht, München 1989, S. 130–131, Abb.
Das Blatt ist als Zeichnung eines anonymen Meisters des 18. Jahrhunderts inventarisiert worden, doch dürfte es sich um die Arbeit eines Künstlers handeln, der um 1600 in München tätig war. Die Technik der Zeichnung und besonders die Quadrierung mit roter Kreide erinnert an Arbeiten Peter Candids ebenso wie die charakteristische Bildung der Puttenköpfe.1 Sie kommen mit ihrem aufgeworfenen Stirnhaar ganz ähnlich als Begleitfiguren am Sockel eines Entwurfs für ein Reliquiar in Stuttgart vor, den Geissler in die Nähe Candids gerückt hat.2 Das Stuttgarter Blatt schließt mit seiner schnittig-scharfen Gewandbildung der Hauptfigur an Candids Frühwerke in München an, das Hamburger Blatt dagegen ist bereits malerischer aufgefasst und am ehesten zur Zeit der Deckenbilder für die Münchner Residenz kurz nach 1600 entstanden. Brigitte Volk-Knüttel verweist auf ein Blatt mit Euterpe in Privatbesitz3, das mit der Ausmalung eines Pavillons im sog. Großen Garten im Süden der Residenz in Zusammenhang steht und auf dem die Gewänder ähnlich erstarrt wirken, allerdings ist das Hamburger Blatt dem gegenüber im Ganzen weniger locker ausgeführt. Dass das Blatt ein Entwurf für ein Deckengemälde ist, legt das dargestellte Thema einer Personifikation der Flora nahe, aber auch das Sitzmotiv mit dem hochgestellten rechten Bein, das ähnlich auf drei im Krieg zerstörten Deckenbildern aus Hofbesitz vorkam, die im Bayerischen Nationalmuseum eingebaut waren.4 Das Hamburger Blatt dürfte im Zusammenhang der Ausmalung der Münchner Residenz im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts entstanden sein, als Candid zahlreiche Mitarbeiter für die Aufträge in der Residenz und für die Vorbereitungen von Wandteppichen beschäftigt hat.

1 Vgl. etwa Alexander der Große mit dem Gordischen Knoten, Staatsgalerie Stuttgart, Inv.-Nr. C 23:53; siehe auch Brigitte Volk-Knüttel: Peter Candid - Zeichnungen, Ausst.-Kat. Staatliche Graphische Sammlung München 1979, S. 47-48, Abb. 106.
2 Heinrich Geissler: Zeichnung in Deutschland 1540-1640, Bd. 1, Ausst.-Kat. Staatsgalerie Stuttgart 1979, S. 157, Nr. D 25, Abb.
3 Brief vom 13. November 2005, ich danke darüber hinaus Brigitte Volk-Knüttel für weitere Hinweise zum Blatt, vgl. auch Volk-Knüttel (Anm. 1), S. 48-49, Nr. 28, Abb. 102.
4 Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, Bd. III, Teil II: Stadt und Landkreis München, Profanbauten, bearbeitet von Anna Bauer-Wild und Brigitte Volk-Knüttel, hrsg. v. Hermann Bauer, Bernhard Rupprecht, München 1989, S. 130-131, Abb.

Details zu diesem Werk

Feder in Schwarz, laviert, mit weißer Deckfarbe gehöht, mit roter Kreide quadriert 165mm x 191mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 51999 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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