Lorenzo Quaglio, Lithograph
nach Raffael, eigentlich Raffaello Santi oder Sanzio, ehemals zugeschrieben, Maler
J. G. Zeller, Drucker

Bildnis Raffaels / "RAPHAEL SANZIO", 1820

Das Bild zeigt in additiver Manier einen jungen Mann im Dreiviertelprofil vor einer Säulenarchitektur mit Ausblick in eine weite, baumbestandene Landschaft. Das hier von Lorenzo Quaglio reproduzierte Bildnis, das um 1820 in der bayerischen Sammlung Trautmannsdorf war und sich heute in der Alten Pinakothek in München befindet, galt damals als Porträt Raffaels, wie der Titel unterhalb der Darstellung verkündet. Das Bild ist in der Lithographie seitenverkehrt wiedergegeben und trägt im Original auf den beiden kreisförmigen Gewandschließen die wohl nachträglich angebrachte Bezeichnung „RAFFAELLO“ und „VRBIN. S. P.“ Der hier zu sehende männliche Kopf ist auch auf einem anderen Gemälde mit anderer Landschaft – früher als Selbstbildnis Raffaels geführt – in Schloss Hampton Court zu sehen, auf dem sich die selbe Bezeichnung findet. (Anm. 1) Das der Lithographie zugrundeliegende Münchner Bild könnte eine freie, im Hintergrund veränderte Kopie nach diesem sein. Diese Lithographie ist ein typisches Beispiel, wie immer wieder versucht wurde, unbekannte Bildnisse mit Raffaels Antlitz in Verbindung zu setzen, um so die Nachfrage nach neuen, vermeintlichen Fakten aus und zum Leben des Urbinaten unter die Leute zu bringen und ganz nebenbei das Gemälde zu nobilitieren. Auch das Jubiläumsjahr 1820 zum 300. Todestag Raffaels könnte bei der Veröffentlichung dieses Blattes eine Rolle gespielt haben, wird doch in der Beschriftung die Grabinschrift des Künstlers erwähnt. Der in München tätige Lorenzo Quaglio d. J. entstammte der weitverzweigten Künstlerfamilie der Quaglio, die vom 17. bis zum 20. Jahrhundert eine Reihe bedeutender Maler, Graphiker und Architekten hervorgebracht hat. (Anm. 2) Sein Vater war der bekannte Bühnenbildner und Theaterarchitekt Giuseppe Quaglio, sein Bruder war der ebenso renommierte Theatermaler, Radierer und Lithograph Johann Dominicus Quaglio. Lorenzo Quaglio d. J. widmete sich neben der Arbeit als Lithograph mit einigem Erfolg besonders der bayerischen Landschafts- und Genremalerei sowie Dekorationen und schuf reizvolle Aquarelle.
Andreas Stolzenburg

LIT (Auswahl): Dussler 1925, S. 166, Nr. 24; Winkler 1975, S. 200, Nr. 60 I (von
II; hier 1821 datiert); Paluch 1982, o. S., Nr.111; Höper 2001, S. 235, Nr. B. 11.1
und B 11.1A (mit älterer Lit.)

1 1507 dat., Öl auf Holz, 37 x 40,5 cm, Schloss Hampton Court, Royal Collection; Prisco/de Vecchi 1966, S. 98, Nr. 75 (firmiert hier schon als ehemals zugeschrieben).
2 Zur Vita und zu den Werken Lorenzo Quaglios siehe Ausst.-Kat. München 1978 und Paluch 1982 und 1983.

Details zu diesem Werk

Kreidelithographie 502mm x 380mm (Bild) 595mm x 403mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 51588 Sammlung: KK Druckgraphik, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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