Raffaello Sanzio Morghen, Stecher
nach Vincenzo Gozzini, Zeichner
nach Raffael, eigentlich Raffaello Santi oder Sanzio, Maler, Erfinder
Luigi Bardi, Drucker

Madonna mit Kind, sog. Madonna del Granduca, nach 1824

Raffaello Sanzio Morghens Kupferstich nach Raffaels sogenannter Madonna del Granduca gehört zu den späteren Blättern des Stechers. Aufgrund der beigegebenen Bezeichnung unterhalb des Bildfelds ist es auf oder nach 1824 zu datieren: Morghen widmete den Stich Leopold II., der seit diesem Jahr als Großherzog der Toskana regierte. Bereits dessen Vater, Ferdinand III., war Morghens Förderer und Mäzen gewesen, wie sich unter anderem an der entsprechenden Widmungsinschrift auf dem Stich nach Raffaels Madonna della Sedia aus dem Jahr 1793 zeigt (Inv.-Nr. 50034). (Anm. 1) Ferdinand III. ist es auch, der dem Gemälde seinen Beinamen gab, als er es zwischen 1799 und 1800 für die Sammlung im Palazzo Pitti erwarb.
Die Madonna del Granduca wird in der Forschung um 1506/1507 datiert und zählt somit zu den frühen Madonnenbildnissen des Urbinaten. Der Fokus liegt ganz auf der Figurengruppe – ein Effekt, der durch den dunklen Hintergrund zusätzlich verstärkt wird. Wie Untersuchungen ergeben haben, entspricht dieser Zustand nicht der Ausgangskomposition des Gemäldes, in welcher sich Mutter und Kind in einem Interieur mit Ausblick auf eine Landschaft befanden, bevor Raffael diese Szenerie dunkel übermalte. Stilistische Einflüsse lassen sich unter anderem in der florentinischen Ikonographie des ausgehenden 15. Jahrhunderts ausmachen, in welcher das Thema der Madonna mit Christusknaben ein beliebtes Motiv bildete. (Anm. 2)
Während es Morghen im vorliegenden Stich sehr gut gelingt, die Komposition des zugrunde liegenden Gemäldes wiederzugeben, sind die Hell-Dunkel-Kontraste deutlich weniger ausgeprägt als im Falle des Originals; auch treten Stofflichkeiten und der Sfumato-Effekt schwächer hervor. Dies dürfte vor allem dem verwendeten Medium des Kupferstichs geschuldet sein, das hier trotz meisterhafter Ausführung in der Beschränkung auf eine Differenzierung durch unterschiedliche Schraffuren an seine Grenzen stößt: Techniken wie etwa Aquatinta oder Mezzotinto hätten vermutlich eine originalgetreuere Wiedergabe, die Raffaels Gemälde in seiner Samtigkeit und den satten, brillanten Farbflächen näher kommt, ermöglicht. Insgesamt ist jedoch die hohe Qualität des Blattes hervorzuheben, die einmal mehr von der Virtuosität Morghens als Kupferstecher zeugt.
Klara Wagner

LIT (Auswahl): Palmerini 1824, S. ##, Nr. 251; Nagler 9 (1840), S. ##, Nr. 91

1 Zu Morghen und seinen Förderern siehe Mariano 2016.
2 1506/07, Öl auf Holz, 84,4 x 55,9 cm Florenz, Galleria Palatina, Palazzo Pitti; Meyer zur Capellen 2001, S. 206–210, Nr. 24.

Details zu diesem Werk

Kupferstich; Radierung; fest aufgelegt und partiell durch ein Passepartout verdeckt 258mm x 182mm (Bild) 331mm x 221mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 50036 Sammlung: KK Druckgraphik, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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