Auguste Gaspard Louis Boucher-Desnoyers, Stecher, Zeichner
nach Raffael, eigentlich Raffaello Santi oder Sanzio, Maler
Piquet Jeune, Schriftstecher
Ramboz, Drucker

Madonna di Foligno, 1810

Der französische Kupferstecher Auguste Gaspard Boucher Desnoyers (vgl. Inv.-Nr. 50028) schuf 1810 mit dem vorliegenden großformatigen Kupferstichblatt eine der feinsten graphischen Wiedergaben der Madonna di Foligno. (Anm. 1)

Raffael malte das großformatige Altarbild für die römische Kirche Santa Maria in Aracoeli am Kapitol im Auftrag des Sekretärs von Papst Julius II., dem aus Foligno stammenden, als Stifter im Bild verewigten Humanisten Sigismondo de’Conti, worauf auch die Bezeichnung des Kupferstichs direkt Bezug nimmt. Das 1512 vollendete Gemälde zeigt die auf Wolken thronende Maria mit dem Jesusknaben, umgeben von Engeln, verehrt links unten stehend von den hl. Franziskus und Johannes dem Täufer, rechts unten dem hl. Hieronymus sowie dem knienden Stifter Sigismondo de’ Conti. In der Mitte steht ein Putto mit einer Schrifttafel, der als Detail – ähnlich den Putti der Sixtinischen Madonna – gern graphisch reproduziert wurde. Maria erscheint dem Stifter als Vision, wie sie einer Legende folgend der römische Kaiser Augustus am Tag der Geburt Jesu, geleitet durch die Tiburtinische Sibylle, an eben jener Stelle der genannten Kirche gehabt haben soll. (Anm. 2) Bei der Umgestaltung des Altarraums 1565 ließ eine Nichte Sigismondos, die Äbtissin des Klosters Sant’Anna in Foligno war, das Bild dorthin überführen. Es wurde 1797 von den napoleonischen Truppen nach Paris entführt und dort auf Leinwand übertragen. 1815 gelangte das in
der Folge häufig kopierte Gemälde Raffaels mit vielen anderen Werken alter Meister in die von Papst Pius VII. gegründete Pinacoteca Vaticana.
Andreas Stolzenburg

LIT (Auswahl): Apell 1880, S. 118, Nr. 12 IV (von V); Höper 2001, S. 309–310, Nr.
D 29.10, Abb. 311 (mit älterer Lit.)

1 Um 1512, Öl auf Holz (auf Leinwand übertragen), 301 x 198 cm, Rom, Pinacoteca Vaticana; Meyer zur Capellen 2005, S. 98–106, Nr. 52, Abb. S. 44, 45. Vgl. Nesselrath 2011b.
2 Der im Hintergrund auf einem der Häuser niedergehende Himmelskörper spielt angeblich auf den legendären Beweggrund des Auftrages an, da Sigismondo de’Contis Haus in Foligno bei einem solchen Ereignis (Meteorit oder auch nur Blitzschlag) verschont geblieben war. Möglicherweise ist die Himmelserscheinung aber auch nur ganz allgemein als Katastrophenhinweis auf die bevorstehende Passion gemeint.

Details zu diesem Werk

Kupferstich, Radierung, Nadelschrift 601mm x 396mm (Bild) 682mm x 459mm (Platte) 723mm x 481mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 50032 Sammlung: KK Druckgraphik, Frankreich, 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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