Auguste Gaspard Louis Boucher-Desnoyers, Stecher, Zeichner
nach Raffael, eigentlich Raffaello Santi oder Sanzio, Maler
Ramboz, Drucker

Madonna und Kind, die sog. Schöne Gärtnerin / "LA VIERGE DITE LA BELLE JARDINIERE", 1804

Raffaels um 1507–08 in Florenz gemaltes Gemälde der Madonna mit dem Christus- und dem Johannesknaben in einer weiten, im Vordergrund mit vielen symbolischen Pflanzen wie Löwenzahn und Anemone als Hinweise auf die kommende Passion Christi versehenen Landschaft, die diesem Bild den poetischen Beinamen Schöne Gärtnerin (französisch La belle jardinière) einbrachte, wurde 1804 in hoher graphischer Qualität von dem Pariser Stecher Boucher Desnoyers wiedergegeben. (Anm. 1) Ein Detail des Blattes, die Signatur Raffaels an der Borte des Mariengewandes, mag zeigen, wie exakt und detailliert Boucher Desnoyers als Kupferstecher zu arbeiten im Stande war.
Der Stich brachte dem Künstler, der diesen dem Generaldirektor des Musée Napoleon, Dominique-Vivant Denon widmete, frühen künstlerischen Ruhm. Dadurch ermutigt reproduzierte er weitere Werke Raffaels im Kupferstich und festigte so seinen Ruf als herausragender Vertreter der akademisch geprägten Stecherschule Frankreichs. Er erhielt 1825 den Titel des ersten königlichen Kupferstechers, wurde 1828 in den Adelsstand erhoben und war Mitglied der Akademie. Boucher Desnoyers Lebens- und Erfolgsgeschichte war für einen Kupferstecher – diese handwerklich anmutende graphische Kunst der Reproduktion stand bei den Künstlern und Gelehrten nicht gerade in höchstem Ansehen – eine herausragende Ausnahme.
Die Schöne Gärtnerin wurde ausgehend von Auguste Gaspard Boucher Desnoyers’ Kupferstechkunst, dessen Werke in Europa weite Verbreitung fanden, zu einem beliebten und häufig kopierten Motiv (vgl. Inv-Nr. 39911). Die Darstellung fand dabei auch Eingang in die populäre Graphik der Taschenbücher und Almanache, wie hier beispielsweise eine kleine Wiedergabe des Kupferstechers Charles Henri Müller in dem in Leipzig erschienenen Taschenbuch zum geselligen Vergnügen auf das Jahr 1825 exemplarisch zeigt (Anm. 2)
Andreas Stolzenburg

LIT (Auswahl): Apell 1880, S. 117, Nr. 4 IV (von IV); Ausst.-Kat. Genf 1984, S.
109, Nr. 3

1 1507–08, Öl auf Pappelholz, 122 x 80 cm, Paris, Musée du Louvre; Meyer zur Capellen 2001, S. 257–263, Nr. 35.
2 Hamburger Kunsthalle, Bibliothek, Inv.-Nr. kb-2020-358g-1; erworben 2020 vom Antiquariat C. Dorothea Müller, München, mit Mitteln des Fördervereins „Die Meisterzeichnung. Freunde des Hamburger Kupferstichkabinetts e. V.“

Details zu diesem Werk

Kupferstich, Radierung, Nadelschrift 448mm x 301mm (Bild) 548mm x 368mm (Platte) 572mm x 383mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 50028 Sammlung: KK Druckgraphik, Frankreich, 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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