Meister der E-Serie der sogenannten Tarockkarten des Mantegna (Meister von Ferrara)

Apollo / "APOLLO", um 1465

Aus der E-Serie der "Mantegna Tarocchi": Apollo und die Musen, Karte 20

Der Stich ist Teil einer Serie von fünfzig Blättern, die gemeinhin als "Mantegna Tarocchi" (Tarockkarten des Mantegna) geläufig sind, und die in zwei verschiedenen Versionen (der älteren, sog. E-, und der jüngeren S-Serie) existieren. Der Titel der Serie ist irreführend, da die Stiche weder das Werk Mantegnas sind, noch ein ordentliches Tarot- oder Tarockdeck bilden.
In beiden Serien trägt jedes Blatt zusätzlich zu seinem Titel eine Nummer, die seine Position innerhalb des Decks bestimmt, sowie einen Buchstaben, der festlegt zu welcher Gruppe innerhalb der Serie es gehört. Die Serie ist in fünf Gruppen unterteilt:
E/S (1 - 10): Die Ränge und Stände des Menschen
D (11 - 20): Apoll und die Musen
C (21 - 30): Die freien Künste und Wissenschaften
B (31 - 40): Tugenden und kosmische Prinzipien
A (41 - 50): Die Planeten und Sphären
Die erste Gruppe wird in der ersten Serie durch den Buchstaben 'E' markiert, in der zweiten Serie durch den Buchstaben 'S' - dieser Unterschied wurde namensgebend für die beiden Serien.
Gruppe C ergänzt die sieben freien Künste durch Poesie, Philosophie und Theologie; ebenso fügt Gruppe B den sieben Tugenden drei kosmische Prinzipien oder Genii hinzu - diese Darstellungen (Cosmico, Chronico und Iliaco) scheinen bis dahin in der Kunst des Mittelalters und der Renaissance einzigartig gewesen zu sein; Gruppe A schließlich komplettiert die traditionellen sieben Planeten durch die achte Himmelssphäre, die Sphäre des 'unbewegten Bewegers' und letztlich die des Empyrions ('Prima Causa').

Apoll sitzt thronend zwischen zwei Schwänen, eine Krone ziert seinen Kopf, in seiner Linken hält er einen Lorbeerzweig und seine Füße ruhen auf einem Globus, links davon befindet sich ein konvexer Spiegel. Obwohl diese Darstellung überraschend unklassisch ist, greift sie zwei der Attribute auf, die dem Gott seit der Antike zugewiesen werden: Die Schwäne und der Lorbeer.

An Peter Vischers Sebaldusgrab in Nürnberg findet sich eine ähnliche Darstellung des Apollo: Er ist dort zwar als nackte Gestalt repräsentiert, sitzt aber auch auf zwei Schwänen und hat sogar den konvexen Spiegel bei sich, der seine Darstellung in den 'Tarocchi' begleitet. Jean Seznec, Entdecker dieser Verbindung, schreibt dazu: "Der Apollo am Grab des St. Sebaldus bestätigt daher den Einfluss der Tarocchi in Deutschland." (Vgl. Tarocchi - Menschenwelt und Kosmos. Wallraff-Richartz-Museum Köln, Köln 1988, S. 58ff Nr. 55).

Details zu diesem Werk

Kupferstich, Pinsel in golden glänzendem Pigment 180mm x 101mm (Platte) 200mm x 126mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 49251 Sammlung: KK Druckgraphik, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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