Johann Adam Klein

Wallachisches Bauernfuhrwerk, 1839

Die Darstellung der Fuhrwerke verschiedener Nationen bzw. Völker gehört bereits früh zu den im Werk Kleins immer wiederkehrenden Motiven. Bereits 1812, als Klein sich das erste Mal in Wien aufhielt, zeichnete er zahlreiche Fuhrwerke (Anm. 1), die er teilweise auch für eine Folge von Radierungen verwendete, die er 1812 und 1813 radierte (Anm. 2). Wien als Anlaufpunkt vieler, vor allem östlicher Völker bot eine Vielzahl exotischer Motive, die bis zum Ende seines Aufenthalts Eingang in sein Werk fanden.
Diese Naturstudien verwendete Klein vielfach zu späteren Zeitpunkten, um sie als Gemälde oder bildhafte Aquarelle auszuarbeiten, teilweise auch aus verschiedenen Zeichnungen zusammengesetzt oder verändert komponiert. Zu solchen Aquarellen gehört neben dem Ungarischen Fuhrwerk, das 1835 in Nürnberg entstand (Inv. Nr. 23477), auch das vorliegende Blatt mit der Darstellung eines ungarischen Fuhrwerks. Es zeigt offenbar die Ankunft des Fuhrwerks, das vor einer gotischen Bildsäule angehalten hat, die links das Bild rahmt. Rechts von der Bildsäule stehen drei Personen im Gespräch, zwei Orientalen und ein Wallache im Pelzmantel. Seine Figur geht zurück auf eine bereits um 1814 entstandene Darstellung zweier slowakischer Fuhrleute, die sich auf der Versoseite eines Blattes mit Soldaten der österreichischen Artillerie befindet (Anm. 3). Dass Klein in dem Blatt an seine Wiener Zeit anknüpft, belegt auch die gotische Bildsäule, die sich als die Koloman-Säule vor dem Kärtnertor identifizieren lässt. Sie hatte Klein bereits 1812 gezeichnet, kurz bevor sie 1813 wegen Baufälligkeit abgetragen wurde (Anm. 4).
Nahezu identisch in der Bildanlage mit dem Hamburger Blatt ist ein nur geringfügig kleineres Aquarell in Lübeck, das die Situation unmittelbar festhält, dabei nur in leichten Blaugrün- und Brauntönen aquarelliert, ansonsten mit dem Bleistift skizziert ist (Anm. 5). Es ist bezweifelt worden, dass es sich dabei um eine Naturstudie handelt (Anm. 6), doch ist der deshalb vorausgesetzte unmittelbare zeitliche Zusammenhang mit dem Hamburger Aquarell nicht zwingend.
Von dem Hamburger Aquarell existierte auch eine kleinformatige Gemäldeversion (Anm. 7). Da das Gemälde heute verschollen und zudem nicht datiert ist, lässt sich nicht feststellen, ob es dem Aquarell nachfolgte oder vorausging. Es ist allerdings anzunehmen, dass die genannten Werke in der ersten Hälfte der 30er Jahre entstanden, als das Thema auch in der Druckgraphik eine besondere Aktualität hatte (Anm. 8).
Das Blatt ist unten rechts ehemals voll bezeichnet gewesen, doch ist der Namenszug des Künstlers fast ausgelöscht und darüber der Name „R. A. Marx Fc“ geschrieben (Anm. 9). Dieser Befund entzieht sich bisher genauso wie die Identität des genannten Marx einer sicheren Deutung – geschah die Überschreibung etwa in fälscherischer Absicht durch den 1815 geborenen Nürnberger Richard Alexander Marx ? -, doch befand sich auf derselben Auktion ein weiteres, heute wohl verschollenes und von Klein voll bezeichnetes Blatt, auf dem Kleins Name ebenfalls gelöscht und durch die Beschriftung „A. Marx. Berchtesgaden, 4. August 1842“ ersetzt wurde (vgl. auch Inv. Nr. 23476) (Anm. 10).

Peter Prange

1 Vgl. Renate Freitag-Stadler: Johann Adam Klein 1792-1875. Zeichnungen und Aquarelle, Bestandskatalog der Stadtgeschichtlichen Museen Nürnberg, Nürnberg 1975, S. 83-85, Nr. 37-41.
2 Folge der charakteristischen Fuhrwerke in zehn Blättern, 1812/13, vgl. Conrad Jahn: Das Werk von Johann Adam Klein. Maler und Kupferätzer zu München, München 1863, S. 39-43, Nr. 101-103, und Nr. 105-111. Die Reise, die Klein 1816 im Auftrag des Fürsten Metternich nach Kopcśan in Nordungarn unternahm, um dort Gemälde von dessen Pferden anzufertigen, hat in diesem Zusammenhang keinen Niederschlag gefunden. Vgl. dagegen Andreas Stolzenburg, in: Zum Sehen geboren. Handzeichnungen der Goethezeit und des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung Dräger/Stubbe, hrsg. von Brigitte Heise, Leipzig 2007, S. 142.
3 Slowakische Fuhrleute, Bleistift, Feder und Pinsel in Braun, 129 x 197 mm, Nürnberg, Stadtgeschichtliche Museen, Inv. Nr. 9871 verso, vgl. Freitag-Stadler 1975, S. 107, Nr. 94.
4 Koloman-Säule vor dem Kärtnertor, 1812, Bleistift, Aquarell, 204 x 161 mm, Nürnberg, Stadtgeschichtliche Museen, Inv. Nr. Norica 48, vgl. Freitag-Stadler 1975, S. 87-88, Nr. 50, Abb.
5 Ungarisches Fuhrwerk, Bleistift, Feder und Pinsel in Grau, Aquarell, 209 x 320 mm, Lübeck, Museen der Hansestadt, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. 2000/206, vgl. Kat. Lübeck 2007, S. 142-143, Abb.
6 Ebd., S. 142.
7 Ein mit sieben Pferden bespannter, hochbeladener Karren, Öl auf Leinwand, 27 x 36 cm, ehem. Berlin, Alte Nationalgalerie, vgl. Verlorene Werke der Malerei in Deutschland in der Zeit von 1933 bis 1945. Zerstörte und verschollene Gemälde aus Museen und Galerien, bearbeitet von Marianne Bernhard, München 1965, S. 40.
8 Vgl. die drei Radierungen aus dem Jahre 1834, vgl. Jahn 1863, S. 127-129, Nr. 307-309.
9 Aukt.-Kat. Gasch 1911 liest „A. Marks“.
10 Vgl. Aukt.-Kat. Gasch 1911, S. 26, Nr. 320.

Details zu diesem Werk

Aquarell und Deckfarben über Bleistift 282mm x 370mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 44250 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Bildarchiv Hamburger Kunsthalle / bpk, CC-BY-NC-SA 4.0

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