Heinrich Reinhold
Johann Christoph Erhard, ehemals

Der Arcoscuro bei der Porta del Popolo mit Blick auf St. Peter und den Vatikan, 1820

Die Ansicht vom Arco scuro – eine Unterführung, die Papst Innocenz XI. 1686 als Durchgang zum Park der Villa Giulia hatte errichten lassen - auf St. Peter und den Vatikan gehörte ähnlich wie der Blick auf SS. Giovanni e Paolo zum festen Kanon der deutsch-römischen Künstler. Im Hamburger Bestand existieren zwei bisher Erhard zugeschriebene, im Format übereinstimmende Versionen, von denen eine (Inv.-Nr. 23194) das Datum 9. März 1820 trägt. Das Blatt zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Intensität des Strichs aus, der vor allem in der Vegetation graphisch so verdichtet wird, dass ähnlich wie bei Horny eine Tendenz zur Stilisierung unverkennbar ist. Dazu gehört auch eine Lichtregie, die den weißen Grund des Papiers zu dem entscheidenden Gestaltungsfaktor macht. Insgesamt zeichnet das Blatt eine unruhig-haptische, flirrende Stofflichkeit der Vegetation aus, die üppiges Wachstum verkörpert.
Diese Tendenzen sind auf dem anderen, undatierten Blatt (Inv.-Nr. 43942) weniger spürbar, es ist im Zeichenrhythmus einheitlicher und beruhigter. Auch werden die verschiedenen Gegenstände mit der gleichen Sorgfalt behandelt, der Zeichner unterscheidet nicht zwischen Vorder- und Hintergrund. St. Peter und der Vatikan sind mit der ähnlichen zeichnerischen Intensität behandelt wie die Vegetation, während bei Inv.-Nr. 23194 St. Peter nur als skizzenhafte Abbreviatur erscheint. Inv.-Nr. 43942 ist in der Angabe der Details insgesamt genauer, was die Vermutung nahelegt, es handele sich um zwei verschiedene Hände.
Marleen Gärtner hat bereits darauf hingewiesen, dass die Formen der Vegetation auf Inv.-Nr. 43942 von Erhards Formensprache abweichen, und stattdessen als Autor Heinrich Reinhold oder Johann Joachim Faber vorgeschlagen, auch deshalb, weil die Beschriftung wohl von Faber stammt. Faber ist als Zeichner des Blattes sicher auszuschließen, doch steht es Reinhold stilistisch in dem einheitlicheren Zeichenrhythmus sehr nahe. Allerdings sind die Unterschiede nicht so sichtbar wie im Falle der Ansicht von SS. Giovanni e Paolo (Inv.-Nr. 23214 und 23247; ähnlich bei Inv.-Nr. 23242 und 43925), weshalb die Zuweisung an Reinhold nur eine Vermutung ist.

Peter Prange

Details zu diesem Werk

Bleistift 190mm x 248mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett. Erworben 1909 aus unbekannter Quelle mit Staatsmitteln Inv. Nr.: 43942 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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