Rembrandt Harmensz. van Rijn

Der heilige Franziskus, bei einem Baum betend, 1657

Obwohl Rembrandt in seinem Werk immer wieder religiöse Themen dargestellt hat, ist das Bild des heiligen Franz von Assisi bei ihm eine bemerkenswerte Besonderheit. Denn die Verehrung von Heiligen war vor allem in der katholischen Kirche verbreitet, während Protestanten und Reformierte sich dagegen wandten. Dennoch war der heilige Franziskus, als einer der bekanntesten Heiligen, sicherlich auch den Protestanten oder Reformierten – wie Rembrandt - vertraut, diente vielleicht sogar auch ihnen zum Vorbild. Der Künstler zeigt den Heiligen als alten Mann, der vor einem aufgeschlagenen Buch kniet, andächtig ins Gebet versunken. Als Einsiedler hat er sich in einen Wald zurückgezogen und sein Buch vor einem knorrigen alten Baum aufgeschlagen. Dahinter steht ein großes Kruzifix; denn Christus war es, dem Franziskus nacheiferte. Eine Felsenhöhle scheint die Behausung des Heiligen zu sein, der sein Leben freiwillig in Armut verbrachte, um sich Christus anzunähern. Obwohl er aus einer reichen Familie stammte und als junger Mann ein sorgenfreies Leben geführt hatte, gab er allen Besitz auf, um sich Gott ganz zuzuwenden. Immer wieder zog er sich in die Einsamkeit zurück, um im Gebet den göttlichen Willen zu erspüren. Er sammelte aber auch Anhänger um sich und predigte vor vielen Menschen. Vor allem wies er immer wieder darauf hin, dass ein gottgefälliges Leben eher in Armut als im Reichtum zu führen sei. Vielleicht liegt hier einer der Gründe dafür, dass Rembrandt sich mit diesem Heiligen beschäftigte, denn er selbst hatte sein eigenes großes Vermögen verloren und litt gerade in dieser Zeit unter bedrückenden Geldsorgen. Auf dem Bild ist im Hintergrund eine große Kirche mit mächtigem Turm zu erkennen, vielleicht ein Hinweis darauf, dass Franz der Gründer einer Ordensgemeinschaft – der Franziskaner – war, die bald weite Verbreitung fand. Vier Jahre vor seinem Tod zog er sich endgültig in seine Einsiedelei zurück und verfasste zusammen mit einem Vertrauten die Regeln des Franziskanerordens. Möglicherweise bezieht sich Rembrandt auch darauf, denn in einem kleinen Unterstand neben der Höhle ist ein weiterer Mönch zu erkennen, der über ein Buch gebeugt ist. So fände sich auch eine Erklärung dafür, dass Rembrandt den Heiligen, der in Wirklichkeit nur 44 oder 45 Jahre alt wurde, als alten Mann darstellte.

Uta Kuhl
Den gleichen Zustand zeigt Inv.-Nr. 6227.

Details zu diesem Werk

Kaltnadel und Radierung 180mm x 245mm (Platte) 183mm x 248mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 43562 Sammlung: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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