Ferdinand Kobell

Skizzenbuch, Vorsatzblatt, 1776

Das Skizzenbuch mit zeitgenössischem Einband in Leder mit dreifacher Goldrahmung enthält neben einem Vorsatzblatt 36 unten rechts von 1–36 nummerierte Blätter, ein Blatt am Ende des Bandes ist nachträglich hinzugefügt worden. Auf dem Einbandrücken ist das Buch in Goldprägung mit „Caprices“ bezeichnet, auf dem Vorsatzblatt findet sich die Notiz: „Im Jahre 1776 angefangen durch F. Kobell“. Die einzelnen Blätter haben ein Format von 226 x 331 mm.
Die Technik der darin enthaltenen Zeichnungen variiert, doch ist auf allen Blättern eine Vorzeichnung in schwarzer Kreide angelegt. Die Blätter 1 bis 8 sind zusätzlich mit der Feder weiter ausgeführt worden, doch variieren die dabei verwendeten Tinten und Federn: Blatt 1 und 2 sind beide mit einer breiteren Feder in Hellbraun ausgeführt, als einzige Zeichnung hat Kobell Blatt 1 zusätzlich mit dem Pinsel braun laviert. Die breitere Feder in Hellbraun kombiniert Kobell auf Blatt 3 mit einer dünneren, dunkelbraunen Feder, mit der die Blätter 5 und 6 vollständig ausgearbeitet sind. Auf Blatt 4 ist die hellbraune Feder mit einer dünnen grauen Feder kombiniert, die Kobell auf den Blättern 7 und 8 neben der schwarzen Kreide ausschließlich verwendet hat. Die restlichen Blätter des Buches sind nur in schwarzer Kreide angelegt.
Dargestellt sind durchweg Landschaften, die in der Tradition holländischer und italienischer Landschaften des 17. Jahrhunderts stehen. Obwohl Kobell nie in Italien war, hatte er sich in den 70er Jahren möglicherweise unter dem Einfluss seines Bruders Franz auch der idealen Landschaft zugewandt, wie sie in Italien vor allem Claude Lorrain vertreten hatte. Im Sinne seines „Liber veritatis“ sind auch Kobells Landschaften aufgefasst, ohne dass direkte Übernahmen von Lorrain vorliegen würden, doch hat auch Kobell auf einige seiner Zeichnungen für Radierungen zurückgegriffen.
Auf dem Vorsatzblatt wird mitgeteilt, dass Ferdinand Kobell das Skizzenbuch 1776 begonnen hat, eine Angabe, die durch die beiden signierten und 1776 datierten Blätter 5 und 6 bestätigt wird. Außer diesen beiden Blättern ist allerdings kein weiteres signiert oder datiert, doch ist es wahrscheinlich, dass auch die anderen Zeichnungen in dem Buch in diesem oder den folgenden Jahren entstanden sind. Auf den Blättern 11 und 12 stehen fragile Holzbrücken im Mittelpunkt der Darstellung, die Kobell 1777/78 in ähnlicher Weise in sechs Radierungen zum Thema gemacht hatte.(Anm. 1)
Ob in der Anlage und Abfolge der Zeichnungen allerdings eine Systematik vorliegt, ist schwer zu entscheiden. Auffallend ist allerdings, dass die ersten acht Blätter sehr bildhaft ausgearbeitet sind, während die anderen Zeichnungen – auch bedingt durch die alleinige Verwendung der schwarzen Kreide – skizzenhafter wirken. Möglicher-weise hat Kobell das Buch zunächst dazu benutzt, Kompositionen bildhaft auszuarbeiten und als Anregung für andere Medien zu verwenden, doch dieses Vorhaben dann zugunsten eines skizzenhaften Charakters der anderen Blätter aufgegeben. In jedem Falle dürften auch diese Skizzen nicht vor der Natur sondern im Atelier aus der Phantasie – dies deutet auch der Titel „Caprices“ an – heraus entstanden sein. Dies schloss eine spätere Beschäftigung mit darin enthaltenen Themen nicht aus, wie die thematisch wichtigen, von ähnlichen Radierungen Dietricys beeinflussten Blätter 5 und 6 zeigen: Auf sie kam Kobell in den 80er Jahren zurück, wie einige Zeichnungen in München(Anm. 2) und in Paris zeigen.(Anm. 3) Zudem hat er das Thema in einer 1780 entstandenen Radierung aufgegriffen.(Anm. 4)

Peter Prange

1 Les ponts. Suite de six estampes, vgl. Etienne Baron de [Stephan Baron von] Stengel: Catalogue raisonné des estampes der Ferdinand Kobll, Nürnberg 1822, S. 146–153, Nr. 214–219.
2 München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nrn. 941 und 948, dat. 1781; in München zudem vier weitere Blätter mit Darstellungen des Eremiten, Inv.-Nrn. 943, 947, 949, 950, entstanden 1780–1783.
3 Paris, Louvre, Cabinet des dessins, Inv.-Nr. 23497.
4 Stengel 1822, S. 58–59, Nr. 69.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun 226mm x 331mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 41551 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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