Philipp Otto Runge

Geometrische Figur zur "Farbenkugel", Figur 3

Mit der dritten Figur zur Farbenkugel stellt Runge sich „neigende Mischungen“ dar, die sich den Mischfarben Grün, Orange und Violett nähern oder sich von ihnen entfernen können: „§ 11. Da aber alle drey reinen Mischungspuncte Gr. O. V. sowohl, als alle sich von Gr. in B. und G., von O. in G. und R. und von V. in R. und in B. neigende Mischungen, nur aus der Zusammenwürkung je zweyer reinen Farben hervorgegangen sind, so sind sie von aller Neigung, zu jeder dritten Farbe sowohl als irgend einer sonstigen Tinctur, völlig frey.
§12. Es ist aber vorher bestimmt worden, daß alle Farben und reinfarbige Mischungen zu Weiß und Schwarz (zu Weiß als einer Erhellung und Schwächung, zu Schwarz als einer Verdunkelung oder Trübung) in einem allgemeinen Verhältniß stehen, und der Einwürkung derselben empfänglich sind. Es sind also die drey Puncte Gr.O.V. sowohl, als alle zwischen ihnen und den Puncten B. G. R. liegenden einfachen Mischungen, mit dem Puncte Weiß nach der einen, und Schwarz nach der anderen Seite (als zwey vollkommenen Gegensätzen), in derselben Differenz, und mithin alle in dieselbe Entfernung von Weiß wie von Schwarz zu setzen, in welcher die drey Puncte B. G. R. von ebendenselben (nämlich von Weiß und von
Schwarz) stehen; da wir gleiche Differenz unter Naturkräften durch gleiche Linien (Entfernungen) auszudrücken zur Regel angenommen haben.“ (Anm. 1)
In dem eingestellten, gestrichelten Dreieck verdeutlicht Runge das Verhältnis der Sekundärfarben zu den Primärfarben, während die „Neigungen“ nach Rot oder Blau als „röthlich“ bzw. „bläulich“ bezeichnet werden, die aus der „Zusammenwürkung je zweyer reinen Farben hervorgegangen sind“. Runges Farbentheorie besteht, wie er anfangs in seiner Erläuterung ausführt, aus den fünf „Elementen“ Blau, Gelb, Rot, Weiß und Schwarz, wobei die letzteren beiden keine Farben seien (Anm. 2). Da Weiß und Schwarz auf die Farben einwirken, von ihnen aber gleich entfernt sind, muss Runge in die Dreidimensionalität der Darstellung wechseln, in der Primär- und Sekundärfarben auf einer Ebene liegen, während Weiß und Schwarz über bzw. unter ihnen erscheinen (vgl. Inv. Nr. 34300).
Zur Entstehungsgeschichte der Farbenkugel vgl. Inv. Nr. 34297.

Peter Prange

1 Farbenkugel oder Construction des Verhältnisses aller Mischungen der Farben zu einander und ihrer vollständigen Affinität; mit angehängtem Versuch einer Ableitung der Harmonie in den Zusammenstellungen der Farben. Von Philipp Otto Runge, Mahler, Hamburg 1810, § 11-12, vgl. auch HS I, S. 117.
2 Runge 1810, § 5-6.

Details zu diesem Werk

Bleistift, Feder in Schwarz, auf festem, grünlichem Papier 57mm x 58mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 34299 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback
Weitere Werke von
Philipp Otto Runge