Philipp Otto Runge
Zwei Kahnzieher; Skizze eines Gesichtes (oben), 1800 (recto), 1806 (verso)
Verso: König David (Skizze; unten); erhobener Arm des Königs David (oben)
Das Blatt mit der ungewöhnlichen Darstellung wohl zweier nackter Kahnzieher hängt stilistisch mit den beiden Genreszenen Inv. Nr. 34247 und Inv. Nr. 34248 zusammen, bezeugt aber vor allem Runges frühe Verwurzelung im Klassizismus, der im Studium der Antike wurzelt. Deshalb dürfte das Blatt entgegen den beiden anderen erwähnten auf eine Vorlage zurückgehen (Anm. 1), doch konnte diese bisher nicht aufgefunden werden (Anm. 2).
Die drei Zeichnungen bilden stilistisch eine einheitliche Gruppe, die sich von Runges Akademiestudien in schwarzer Kreide markant unterscheiden. In ihnen verfolgte Runge im Anschluss an seine Kopien nach Tischbein (Inv. Nr. 1938-140 und 1938-141) und den Zeichnungen nach Stichen (vgl. Inv. Nr. 1938-101) seine Weiterbildung im „Contourzeichnen“.
Das Blatt zeigt den in dieser Zeit für Runge typischen zweiteiligen Arbeitsprozess. Die Unterzeichnung wurde mit einem weichen Bleistift ausgeführt, zumeist als Umriss, doch häufig überlagern sich Strichlagen oder liegen nebeneinander im Sinne eines Versuchs, Form und Gegenstand festzulegen. Dies geschieht erst in einem zweiten Schritt mit der darübergelegten Federzeichnung, die auf den reinen Kontur beschränkt ist.
Auf dem Verso befindet die Studien zu einem singenden König David, die Berefelt in die späte Akademiezeit datierte und dem nordisch-ossianischen Motivkreis zuordnete (Anm. 3). Wahrscheinlicher ist Paulis Annahme, dass Runge die Rückseite des Blattes später – möglicherweise im Zusammenhang mit dem Gemälde „König David mit der Harfe“ (Anm. 4) von 1806 – wieder verwendete.
Peter Prange
1 Vgl. dagegen Böttcher 1937, S. 141, der von einer Naturstudie ausgeht.
2 Anregungen von Stichen nach Giulio Romano und Raffael zugeschriebenen Zeichnungen in Recueil Crozat, die Runge eigenständig weiterverarbeitet hätte, erscheinen ebenfalls möglich.
3 Berefelt 1961, S. 187.
4 König David mit der Harfe, Öl/Lw, 56,7 x 80,5 cm, Hamburger Kunsthalle, Inv. Nr. 2930, vgl. Traeger 1975, S. 412, Nr. 370, Abb.