Philipp Otto Runge

Achill über den Baum steigend; Studie eines Schildes (oben); Studie einer Libelle (am rechten Bein des Achill), 1801

Auf dem Blatt, das Achill über den Baum steigend zeigt, wiederholt Runge im Ausfallschritt die Pose des triumphierenden Siegers (vgl. Inv. Nr. 34224). Die Haltung Achills, die in den folgenden Entwürfen nur variiert wird, geht motivisch wohl auf Flaxmans Umrissstich „Diomedes Kampf mit Mars“ zur Ilias zurück (Anm. 1). Achill hält sich in verwandter Weise am Baum fest, der in seiner fließenden Linearität die Assoziation an einen Fisch weckt. Das Blatt steht in unmittelbaren Zusammenhang mit Inv. Nr. 34224, doch zeugt es von einer größeren zeichnerischen Sicherheit, weshalb seine Entstehung allgemein nach Inv. Nr. 34224 angesetzt wird. Jüngst hat Jacobs aber den Versuch unternommen, Inv. Nr. 34225 als frühestes Dokument von Runges Beschäftigung mit dem Thema glaubhaft zu machen. Ihre dafür angeführte Beobachtung, dass der Schild entgegen den anderen Versionen eine Speichengliederung zeigt, muss nicht für eine frühere Datierung sprechen, zumal Runge oben rechts auf dem Blatt bereits alternativ das Motiv der zentralen Scheibe skizziert hat. Auch die von Jacobs als „Hilfslinien“ zur Anlage der Figur bezeichneten vertikalen Linien sind kaum in dieser Weise zu deuten, da sie auf die Figur keinerlei Bezug nehmen.
Die an der Wade Achills einen Wagen ziehende Libelle verweist nicht nur auf Runges Hauptwerk des folgenden Jahres – der „Lehrstunde der Nachtigall“, auf deren Rahmung unten in der Mitte eine Libelle auftaucht (vgl. Inv. Nr. 34267) -, sondern stellt laut Jacobs auch einen ironischen Verweis auf Flaxman dar, aufgrund dessen Kenntnis Runge die gestellte Aufgabe lächerlich vorkam, der sich daran aber doch „fast krank“ (Anm. 2) gearbeitet hatte. Der Streitwagen an der Wade des antiken Helden sei „als ironischer Blick auf die Diskrepanz zwischen lächerlicher Aufgabe und deren ernsthafter Bewältigung“ (Anm. 3) zu deuten.
Auf der Rückseite befindet sich die flüchtig angelegte Skizze eines Hängenden bzw. eines sich hochziehenden (?) Nackten, die bisher nicht gedeutet werden konnte, doch nicht im Zusammenhang mit den Zeichnungen zu „Achill und Skamandros“ steht (Anm. 4).

Peter Prange

1 Traeger 1975, S. 30, hat zudem auf Runges Beschäftigung mit Carraccis Farnese-Fresken (Inv. Nr. 1938-92) und den Einfluss Berninis verwiesen.
2 Brief vom 24. August 1801 an Daniel, vgl. HS II, S. 80.
3 Jacobs 2000, S. 32. Die Lesart, dass Runge das Thema allgemein „lächerlich“ vorkam, wie es Jacobs annimmt, ist allerdings unzulässig; Runges bezieht sich dabei einzig auf Flaxmans Interpretation des Themas im Umrissstil.
4 Für Jacobs 2000, S. 39, Anm. 58, steht das Blatt an dritter Stelle in der Chronologie der Zeichnungen zu „Achill und Skamandros“.

Details zu diesem Werk

Feder in Schwarz und Grau über Bleistift, Pinsel in Grau 459mm x 305mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 34225 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback
Weitere Werke von
Philipp Otto Runge