Philipp Otto Runge

Fingal (Illustration zu "Ossian"), 1805

Zu den drei von Daniel sogenannten „Charakterbildern“ (Anm. 1) der Helden Fingal (Inv. Nr. 34215), Ossian (Inv. Nr. 34217) und Oscar (Inv. Nr. 34219), die Runge Stolberg vor dem 22. März 1805 zur Begutachtung zugesandt hatte (Anm. 2), existiert jeweils eine Pinselzeichnung auf Japanpapier (Anm. 3), die die Grundzüge der Komposition wiedergibt. Während die Darstellungen für Ossian (Inv. Nr. 34216) und Oscar (Inv. Nr. 34218) weitgehend den endgültigen Entwürfen entsprechen, sah Runge für die Darstellung Fingals (Inv. Nr. 34214) zunächst eine landschaftlich geschlossenere Komposition vor, die noch mit klassischen Repoussoirs und Bildgründen arbeitete. Das fliehende Reh überzeichnete Runge mit einer knorrigen Wurzel, die den Bildraum unten rechts schließt. Die Studien geben Aufschluss über Runges Arbeitsprozess; er hat im Falle von Fingal und Oscar zuerst die Helden skizziert, und erst danach die Komposition der Landschaft festgelegt. Auf der Darstellung Fingals überlagern Parallelschraffuren dessen linken Fuß und bei Oscar „schneidet“ die Horizontlinie durch dessen linken Fuß. In der endgültigen Fassung (Inv. Nr. 34219) verschwindet der Fuß hinter der Horizontlinie, was erst das Schrittmotiv glaubhaft macht.
Die ursprüngliche Datierung „1804/05“ auf den endgültigen Entwürfe zu den „Charakterbildern“ ist nachträglich geändert worden, indem auf allen drei Blättern die „4“ gestrichen wurde; sie dürften daher erst in den ersten Monaten des Jahres 1805 entstanden sein. Auf den Pinselzeichnungen ist die Datierung „1804/05“ bestehen geblieben, was ein Indiz dafür sein dürfte, dass die Zeichnungen bereits um die Jahreswende 1804/05 entstanden sind.
Die Montierung der Pinselzeichnungen auf einen festen Untersatz stammt von Daniel; der auf dünnem Japan gezeichnete Entwurf zu Oscar (Inv. Nr. 34218) überdeckt unten rechts teilweise Daniels Datierung, was belegt, dass Daniel den Untersatzkarton beschriftet hat, und in einem zweiten Schritt das Blatt auf den Untersatz klebte.
Zur Entstehungsgeschichte der Ossianillustrationen vgl. Inv. Nr. 34222.

Peter Prange

1 Vgl. HS I, S. 357, Nr. 1.
2 Vgl. Brief vom 22. März 1805 an Karl, vgl. Philipp Otto Runge. Briefe in der Urfassung, hrsg. von Karl Friedrich Degner, Berlin 1940, S. 263. Vgl. auch HS I, S. 260.
3 Entgegen der älteren Literatur erstmals bei Stubbe in: Runge 1960, S. 18, Nr. 100, 102 und 104.

Details zu diesem Werk

Pinsel in Schwarz über Bleistift auf Japanpapier; fest montiert (wohl von der Hand Daniel Runges) 448mm x 290mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 34214 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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