Philipp Otto Runge

Die rechte untere Hälfte der Rahmenkomposition, 1809

Das aus zwei Bögen zusammengesetzte Blatt entspricht in den Höhenmaßen der Fußleiste (245 mm) und den Breitenmaßen der Seitenleiste (184 mm) Inv. Nr. 34206. Da die Konturen auf Inv. Nr. 34206 stellenweise durchgedrückt sind, ist es wahrscheinlich, dass Runge das Blatt zur Übertragung für das vorliegende Blatt benutzte. Dafür sprechen auch die im Bereich der Figuren sichtbaren Rötelspuren auf Inv. Nr. 34207, die unter der Federzeichnung liegen und durch Abdruck entstanden sind. Die Konturen des Rötelabdrucks weichen an verschiedenen Stellen immer wieder vom Kontur der Federzeichnung ab; der Rötelabdruck diente offensichtlich dazu, die Position der Genien grob zu bestimmen. Trotzdem bleiben Unklarheiten bestehen. Auf der Rückseite von Inv. Nr. 34206 sind die durchgedrückten Konturen zwar sichtbar, doch finden sich keine Spuren von Rötel. Sollte womöglich noch ein Zwischenblatt bestanden haben, mit dem der Rötelabdruck übertragen wurde? Wenn die Anlage der Komposition von Inv. Nr. 34207 auf die Übertragung von einem anderen Blatt zurückgeht, bleiben die sichtbaren, nicht leicht deutbaren skizzenhaft angelegten Reste einer Bleistiftzeichnung rätselhaft. Sie ist in der für Runge typischen Weise angelegt, indem sich die Striche überlagern oder parallel zueinander geführt sind, so dass kein eindeutig festgelegter Kontur entsteht. Klar sichtbar sind solche Reste im Bereich des der Sonnenfinsternis entschwebenden Genius links, der ursprünglich eine andere Position einnehmen sollte – deutlich erkennbar ist, dass er sich zunächst weiter links auf die Wolkenbank aufstützen sollte. Auch zwei gestrichelte Halbkreise links neben den Beinen des rechten Genius beziehen sich offensichtlich auf das Lotusblatt, das ursprünglich höher positioniert werden sollte. Auch im Bereich des Genius rechts befinden sich Reste einer Bleistiftzeichnung. Möglicherweise handelt es sich um eine erste Anlage der unteren Rahmenkomposition, bevor Runge das Blatt im Übertragungsverfahren anlegte.
Gegenüber Inv. Nr. 34206 ist die Zeichnung genauer ausgeführt. Vor allem die detaillierte Angabe der Wolken sowie von Blatt und Blüte der Lotuspflanze, aber genauere Konstruktion der Sonne, deren verschiedene Helligkeitswerte in konzentrischen Halbkreisen beschrieben werden, spricht laut Traeger für die Verwendung als Karton. Für diese Annahme sprechen auf die Griffelspuren, die auf die Rückseite durchgedrückt haben. Sie hat Runge wie bei Inv. Nr. 34210 mit dem Bleistift nachgezogen, woraus Traeger geschlossen hat, „daß der Karton im seitenverkehrten Sinne auch für die Übertragung der linken unteren Hälfte der Rahmenkomposition verwendet wurde.“ (Anm. 1) Doch ist dies nur vorstellbar, wenn auch die Rückseite - was bedeuten würde, dass das Blatt mit der Vorderseite nach unten gelegen hätte - zur Übertragung der linken Hälfte durchgegriffelt worden wäre, doch gibt es dafür keine Anzeichen. Vorstellbar ist jedoch, dass solche Nachzeichnungen zur Rationalisierung des Arbeitsprozesses eingesetzt wurden, um Pausen auf ölgetränkten Papieren herzustellen. Für die Rahmenkomposition haben sich solche Pausen nicht erhalten, doch könnte Runge wie für das Binnenbild ihre Anfertigung geplant haben.

Peter Prange

1 Traeger 1975, S. 469, Nr. 499.

Details zu diesem Werk

Feder in Schwarz über Bleistift und Rötel Technik Verso: Bleistift 245mm x 793mm (Blatt) 855mm x 184mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 34207 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford, CC-BY-NC-SA 4.0

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