Julius Oldach

Mephisto und sein Schüler, 1828

„Es ist früher Morgen. Am Horizont über der Aussenalster steht noch ein schwacher Schimmer Morgenrot, sonst ist alles vom silbernen Morgenrot umspielt. Zwischen den Alsterflächen erhebt sich, gegen das Licht gesehen, der Lombardswall mit seiner Brücke und seinen Gebäuden, nur das an der Stelle der Mühle ein Festungsturm gesetzt ist. Wall, Brücke und Turm stehen als Silhouette gegen den Himmel, nur leicht durch den Reflex vom Wasser aufgehellt, dessen ruhige Fläche das Bild des Turmes zurückwirft“ (zit. nach Lichtwark 1899, S. 113) Mit diesen Worten beschreibt Alfred Lichtwark 1899 den Blick aus der engen mittelalterlichen Studierstube in Julius Oldachs Ölgemälde „Mephisto und sein Schüler“ von 1828 (Hamburger Kunsthalle, Inv.-Nr. 1114), zu dem das vorliegende Blatt die Vorzeichnung bildet. Lichtwark hatte erst ein Jahr zuvor den umfangreichen Nachlass des früh verstorbenen Künstlers von dessen jüngerem Bruder Ferdinand Oldach für die Hamburger Kunsthalle erworben, darunter vor allem Portraits für die „Sammlung Hamburger Bildnisse“ sowie zahlreiche Zeichnungen für das Kupferstichkabinett.

Zusammen mit Friedrich Wasmann und Erwin Speckter gehört Oldach zu der Gruppe Hamburger Künstler, die nazarenische Gesinnung mit der miniaturhaft-feinen Technik des biedermeierlichen Realismus verbinden. Seine mit bewundernswerter Liebe zum Detail gemalten Portraits zeigen überwiegend die eigenen Angehörigen, die Eltern, die Geschwister oder Freunde. Für das Bildnis des Schülers stand Oldachs enger Jugendfreund Ulrich Hübbe Modell. Ihn hat Oldach noch im gleichen Jahr in einem Portrait festgehalten, das sich heute ebenfalls im Besitz der Kunsthalle befindet (Inv.-Nr. 1113).

Oldach wird die Illustrationen seines Lehrers Cornelius zu Goethes „Faust“ aus dem Jahr 1816 gekannt haben. Der Schüler lauscht verlegen dem Monolog des Mephisto, dessen teuflisches Spiel durch die Gestik des sprechenden Fingerspiels angedeutet wird. In der geradezu pedantischen Wiedergabe des Interieurs, bei der selbst noch in den lichtdurchfluteten Glasfenstern die biblischen Szenen zu erkennen sind, zeigt sich Oldachs Kenntnis der alten Meister wie Dirk Bouts, Hans Memling oder Jan van Eyck, die er in den Galerien in Dresden und München studiert haben wird. Gleichzeitig greift der Künstler mit dem Motiv des Innenraums und dem sich in die Ferne zur Natur öffnenden Fenster das von Romantikern wie Friedrich Kersting oder Caspar David Friedrich immer wieder dargestellte Motiv der eigenen Innerlichkeit auf.

P. R.

Details zu diesem Werk

Feder in Schwarz 256mm x 198mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 30983 Sammlung: KK Zeichnungen, Hamburg, 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

Wir sind bestrebt, die Art und Weise zu hinterfragen, wie wir über Kunst und unsere Sammlung sprechen und diese präsentieren. Daher freuen wir uns über Ihre Anregungen und Hinweise.

Feedback
Weitere Werke von
Julius Oldach