Jacob Gensler

Weidengruppe im Flottbeker Park, 1837

Im September 1837 wandte sich der Hamburger Senator Johann Martin Jenisch mit der Bitte an Gensler, sein Anwesen in Flottbek, den heutigen Jenischpark, zu zeichnen. Der Auftrag umfaßte fünf Ansichten des Wohnhauses sowie ein Blatt mit dem Blick in den Park als Motiv, “von der kleinen eisernen Pforte nach der großen Weide gesehen”. Für ein Honorar von zehn Thalern sollte Gensler diese Blätter “in Aquarell und kräftig gemalt” und möglichst umgehend ausführen. Vereinbart wurde ein Probeblatt, anhand dessen Jenisch die endgültige Entscheidung treffen wollte. Der Datierung der Zeichnung ist zu entnehmen, dass sich Gensler unverzüglich an die Arbeit machte, um den Wünschen Jenischs zu entsprechen. “Nur wählen Sie zur Ausführung gutes Wetter, weil der Sonnenschein so sehr viel auf die Kraft der Farben der Landschaft wirkt. - Im Oktober ist eigentlich der hübscheste Moment, weil das Laub dazu verschiedene Farben einnimmt” (Reuther 1998, S. 197).
Das Blatt gibt den Blick auf eine gewaltige Weidengruppe wieder, deren Laub in erster herbstlicher Färbung im spätsommerlichen Nachmittagslicht erstrahlt. Genslers Aufmerksamkeit ist ganz auf die malerische Pracht der Bäume gerichtet, während der Himmel und der Bildvordergrund nur flüchtig skizziert sind. Die zarte Federzeichnung setzt verbindliche Strukturen und betont die filigranen Formen der in den Himmel ragenden Äste. In feinen Abstufungen ist die Farbe darüber gelegt, so dass die Federzeichnung und das Kolorit in einem lebendigen Nebeneinander erscheinen. Die lasierenden Schichtungen dunkler Töne, mit denen Gensler den Blick in das Innere der dichten Belaubung ausführte, stehen den mit spitzem Pinsel gesetzten Lichtern spannungsreich gegenüber und verleihen der Darstellung eine immense räumliche Tiefe. Während seiner zahlreichen Exkursionen im Gebirge und in Norddeutschland hatte sich Gensler im Freilichtstudium einen sicheren Blick und einen souveränen Umgang mit Farbe erarbeitet. Dennoch erforderte es - so Gensler - immer wieder viel Zeit, bis der erlebte Natureindruck “im Verhältnis der Farben und des Lichtes zueinander” treffend wiedergeben waren. S.R.

Details zu diesem Werk

Aquarell, Feder und Pinsel in Schwarz 216mm x 287mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 30352 Sammlung: KK Zeichnungen, Hamburg, 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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