Gaspar Adriaensz. van Wittel, genannt Vanvitelli
Ideallandschaft - Blick auf eine Bucht, 1710 - 1720
Verso: Pferd mit Reiter, flüchtig skizziert (Hochformat)
Gaspar van Wittel, genannt Vanvitelli, hat neben seinen realistischen Studien für Stadtansichten auch zahlreiche Phantasielandschaften entworfen. Dabei verwendete er wiederholt einzelne Beobachtungen, die er auf seinen Reisen gemacht hatte. So entstanden Zeichnungen, die zum Teil wie reale Landschaftsaufnahmen wirken, sich aber zumeist nicht mit konkreten Orten verbinden lassen. Aufgrund der tiefenräumlichen Konstruktion, der häufig stimmungsvollen Atmosphäre, den Architekturelementen und den in der Landschaft lagernden Hirten und Tieren wurden diese Blätter von früheren Sammlern häufig Claude Lorrain zugeschrieben. So auch das Hamburger Blatt. Bereits Georg Ernst Harzen hat diese Attribution jedoch ausdrücklich zurückgewiesen. Er schlug stattdessen Lorrains Landsmann François Millet vor. Diese Bestimmung wurde im Kupferstichkabinett beibehalten, bis Walter Vitzthum 1967 die Studie Vanvitelli zuschrieb. Tatsächlich weist das Blatt eindeutige technische und motivische Bezüge zum Werk Vanvitellis auf. Vergleichbare Blätter haben sich in mehreren Sammlungen, so z. B. in München, erhalten.(Anm.1)
Briganti datiert die intensive Beschäftigung Vanvitellis mit der idealen Landschaft in die 1710er Jahre, in denen auch das Hamburger Blatt entstanden sein dürfte.(Anm.2) Die Häufigkeit derartiger Zeichnungen legt die Vermutung nahe, dass Vanvitelli hier bereits bewusst auf eine steigende Nachfrage des Marktes reagiert hat (vgl. auch Inv.-Nr. 24072).(Anm.3)
Die spätere Umrahmung mit einem schwarzen Rand wie auch die Nummerierung lassen den Zusammenhang mit einem größeren Bestand an ähnlichen Blättern vermuten.
David Klemm
1 Staatliche Graphische Sammluung München, Inv.-Nrn. 3188, 3210, 3221; vgl. Gaspare Vanvitelli (162/53-1736). Zeichnungen und Aquarelle, bearb. v. Richard Harprath, Ausst.-Kat. München, Staatliche Graphische Sammlung, München 1983.
2 Giuliano Briganti: Gaspar van Wittel e l’origine della veduta settecentesca, Rom 1966, S. 266.
3 Ebd.