Johann König

Zwei nackte Kinder, die Hand einander reichend

Von Harzen wurde das Blatt als die Begrüßung des Jesusknaben durch Johannes bezeichnet, doch dürfte es sich bei der linken Figur um ein nacktes Mädchen handeln, weshalb hier der neutralere Titel vorgezogen wird. Das Blatt gehört zu einer Gruppe undatierter Blätter Königs – die Datierung rechts ist nachträglich überschrieben –, die in einer kombinierten Technik von Rötel und schwarzer Kreide entstanden und alle eine dekorative, jedes Mal leicht abgewandelte Signatur in Rötel tragen. Vergleichbare Zeichnungen befinden sich in Basel (Anm.1), in Erlangen (Anm.2) und in Paris.(Anm.3) Falk hat darauf hingewiesen, dass es sich bei den Blättern nicht um Studien oder Entwürfe handeln dürfte, sondern um Wiederholungen für Liebhaber.(Anm.4)
Die gleichzeitige Verwendung von Rötel und schwarzer Kreide könnte von Zeichnungen Johann Rottenhammers angeregt sein, der während seines Aufenthalts in Venedig in derselben Technik ähnlich ausgearbeitete Zeichnungen anfertigte. Ein Blatt mit einer stehenden Venus und Amor in Frankfurt ist 1596 kurz vor seiner Übersiedlung nach Augsburg entstanden.(Anm.5) König, der vor 1610 längere Zeit in Venedig tätig war, dürfte dort Rottenhammer noch kennen gelernt und diese Zeichnungsart von ihm übernommen haben. Ob damit allerdings Königs Zeichnungen in dieser Technik in Venedig entstanden sind, muss einstweilen offen bleiben.

Auf einem Blatt in Berlin – „Der Tod bei den Lebensaltern“ – erscheint ein junges Mädchen spiegelbildlich in nahezu gleicher, etwas vornübergebeugter Haltung wie der Junge auf dem Hamburger Blatt.(Anm.6)

Peter Prange

1 Basel, Kunstmuseum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. Bi 376.34, vgl. Zeichnungen des 17. Jahrhunderts aus dem Basler Kupferstichkabinett, Ausst.-Kat. Basel 1973, S. 12, Nr. 10, Abb.
2 Erlangen, Graphische Sammlung der Universitätsbibliothek, Inv.-Nr. 798, vgl. Elfried Bock: Die Zeichnungen in der Universitätsbibliothek Erlangen, Frankfurt am Main 1929, S. 194, Nr. 798.
3 Paris, Louvre, Cabinet des dessins, Inv.-Nr. 19149, vgl. Kat. Paris 1938, S. 109, Nr. 596.
4 Ausst.-Kat. Basel 1973 (Anm. 1), S. 12.
5 Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1895, vgl. Edmund Schilling: Städelsches Kunstinstitut Frankfurt am Main. Katalog der deutschen Zeichnungen. Alte Meister, München 1973, S. 41, Nr. 163, Taf. 44.
6 Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 9397, vgl. Kat. Berlin 1921, S. 208, Taf. 166.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide und Rötel; Einfassungslinien (Deckfarbe in Gold) 80mm x 116mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 23489 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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