Johann Christoph Erhard

Der "Schwarze Turm" des Fürsten Johann von Liechtenstein bei Mödling in der Brühl, um 1816/17

In der Bildanlage gleicht das Blatt einer weiteren gleichzeitig entstandenen Zeichnung aus der Brühl bei Mödling, die die Felswand mit dem Turm allerdings aus größerer Entfernung abbildet.(Anm. 1) Die Brühl war Teil eines seit 1808 durch Fürst Johann I. zu Liechtenstein angelegten Naturparks mit den zerklüfteten Sandsteinfelsen des Kalenderbergs und der Hinterbrühl in der Umgebung von Mödling. Der Fürst ließ die romanische Burg Mödling restaurieren, errichtete dort aber zwischen 1809 und 1818 auch mehrere künstliche Ruinen, wozu auch der hier abgebildete, 1810 erbaute „Schwarze Turm“ gehört. Das Blatt erreicht in der akribischen Arbeit des Bleistifts nahezu den gleichen Ausarbeitsgrad, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass Erhard auch diese Zeichnung wie das Wiener Blatt als Vorlage für eine Radierung zu benutzen plante.(Anm. 2) Der „Schwarze Turm“ ist wohl auch noch 1819 Mittelpunkt einer romantischen Landschaft, auf der neben dem Turm zwei Herren in Frack und Zylinder stehen, von denen der rechte ein Fernglas (?) hält.(Anm. 3)
Erhard hat mehrere Zeichnungen aus der Brühl hinterlassen, zu einem weiteren Blatt siehe Inv.-Nr. 23173. Eine dieser Zeichnungen in Leipzig trägt als einzige das Datum „12 7br“ – also 12. September -, doch ist nicht ersichtlich, aus welchem Jahr. Johann Adam Klein hat ebenfalls in der Brühl gezeichnet, eines dieser Blätter entstand im Juli 1816 auf einer Wanderung4, weshalb es möglich ist, dass Erhard noch im Herbst desselben Jahres zu einer eigenen Wanderung aufbrach. Auch Klein hat den „Schwarzen Turm“ mit der Felswand festgehalten.(Anm. 5)

Peter Prange

1 In der Brühl bei Mödling, Bleistift, Feder in Braun, 204 x 270 mm, Wien-Museum, Inv.-Nr. 106006, vgl. Gärtner 2012, S. 259-260, Nr. 258, Abb. 8.
2 Das Wiener Blatt ist die Vorlage für Aloys Apell: Das Werk von Johann Christoph Erhard, Maler und Radirer, Dresden 1866, S. 62-63, Nr. 87.
3 Schwarzer Turm bei Mödling, Bleistift, Aquarell, 208 x 292 mm, Lübeck, Dräger-/Behnhaus, Inv.-Nr. 2000/162, vgl. Zum Sehen geboren. Handzeichnungen der Goethezeit und des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung Dräger/Stubbe, hrsg. von Brigitte Heise, Leipzig 2007, S. 60-61, Abb.
4 Johann Adam Klein, Felsenpass in der Brühl, 1816, Bleistift, Pinsel in Braun, 223 x 282 mm, Museen der Stadt Nürnberg, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. Norica 34, vgl. Renate Freitag-Stadler: Johann Adam Klein 1792-1875. Zeichnungen und Aquarelle, Bestandskatalog der Stadtgeschichtlichen Museen Nürnberg, Nürnberg 1975, S. 172-173, Nr. 232, Abb. 8.
5 Johann Adam Klein, Landschaft in der Brühl, Bleistift, Feder in Schwarz, Pinsel in Schwarz und Blau, 210 x 286 mm, Museen der Stadt Nürnberg, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. Norica 109, vgl. Freitag-Stadler 1975, S. 173, Nr. 233, Abb.

Details zu diesem Werk

Bleistift, Rahmung in Feder in Schwarz 161mm x 223mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 23160 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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