Francesco Brizio, zugeschrieben, Kopie
Albrecht Dürer, ehemals zugeschrieben
Maria mit dem Christkind (nach Albrecht Dürer)
Das Blatt wurde zunächst Harzens Zuschreibung folgend als Ludovico Carracci unter der Inv.-Nr. 21140 verzeichnet, doch dann unter der heutigen Inventarnummer als Dürer abgelegt.(Anm.1) Ursache dafür war die Beobachtung, dass wesentliche Teile der Darstellung eine Kopie nach der „Flucht nach Ägypten“ aus dem Marienleben darstellen.(Anm.2) Der Kopist übernahm von dieser Vorlage die Figur der Maria mitsamt der Decke, auf der sie sitzt; er löst die Figur aber aus dem Kontext heraus, sodass die bei Dürer auf einem Esel reitende Gottesmutter hier ruhig in einer Landschaft sitzend erscheint.
Probleme bereitete es dem Kopisten, diese Gruppe an die Umgebung anzubinden. Hierfür verwendete er schematische Strichlagen zu beiden Seiten der Decke. Darüber hinaus veränderte er die landschaftliche Umgebung in stärkerem Maße. Der Großteil der Landschaft mit den Bäumen ist im Strich freier und luftiger als bei Dürer, weshalb Edmund Schilling die Zuschreibung an einen deutschen Künstler zu Recht in Frage gestellt hat. Er verwies wohl in Unkenntnis von Harzens Notiz, der Lodivico Carracci als Zeichner vorschlug, auf Annibale Carracci oder Domenichino.(Anm.3) Tatsächlich dürfte das Blatt am ehesten im Umkreis dieser herausragenden Bologneser Zeichner entstanden sein. Auf Bologna verweist auch der Hinweis von Nicholas Turner, der das Blatt in die Nähe von Francesco Brizio rückte.(Anm.4) Von diesem sind mehrere feine Federzeichnungen, auch von Landschaften, bekannt. Allerdings lassen sich die dort skizzenhaft angelegten Bäume hinsichtlich der Schraffur der Stämme und der Belaubung nicht eindeutig mit Brizio in Verbindung bringen. Eine Zuschreibung an Brizio erfolgt hier daher unter Vorbehalt.
David Klemm
1 Peter Prange, München, sei für Hinweise gedankt.
2 The Illustrated Bartsch 10 (7), 89 (132).
3 Notiz auf dem Passepartout.
4 Anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28. 10. 2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.