Matthias Scheits, Kopie?

Jahrmarkt-Szene mit Publikum vor der Bühne eines Scharlatans

Bereits Harzen war sich unsicher in Bezug auf die Autorschaft dieser Zeichnung, als er sie in seinem Inventar Dirck Helmbrekker (1633–1696) bzw. Adrian van der Venne (1589–1662) zuordnete. Im Inventar der Hamburger Kunsthalle erscheint sie als Werk eines unbekannten niederländischen Meisters. Auch eine später vorgenommene Zuschreibung an Pieter van Laer (1592/95– 1642) kann aus stilistischen Gründen nicht überzeugen. Guido Jansen und Bert W. Meijer haben 1990 darauf hingewiesen, dass das Blatt in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Jahrmarktszene in Mailand steht (Anm.1), die sie Matthias Scheits zugeschrieben haben. Sie erkannten in dem Hamburger Blatt die direkte Vorzeichnung für das Gemälde, das in der figürlichen Szene mit der Zeichnung weitgehend übereinstimmt. Allerdings fehlt auf der rechten Seite der Zeichnung ein Landschaftsstreifen – möglicherweise auf Grund von Beschnitt –, während auf der rechten Seite offensichtlich ein Baumstamm das Bildfeld begrenzt, der wiederum auf dem Gemälde fehlt. Unabhängig von der Frage, ob das Gemälde wirklich von Scheits stammt – es war bereits verschiedenen Malern zugeschrieben –, sprechen verschiedene Aspekte dafür, in der Zeichnung nicht die Vorzeichnung zum Gemälde, sondern deren Nachzeichnung zu sehen. Es ist nicht nur der fehlende rechte Abschluss auf der Zeichnung, sondern vor allem die seltsame, nicht ganz klare Einfassung auf der linken Seite. Sie dürfte eine Zutat des Kopisten sein, die den auf dem Gemälde angeschnittenen Jungen halb verdeckt. Über diese kompositorischen Veränderungen hinaus deutet auch die detailgetreue Übereinstimmung vor allem in den figürlichen Details eher auf eine Kopistenhand, die nicht mit Scheits zu identifizieren ist. Zwar gibt es Parallelen zu Scheits in der Verwendung des blauen Papiers und in der Art der Lavierung, doch ist vor allem die Formulierung der Gesichter untypisch für Scheits. Die spitzen, nur aus einem Häkchen gebildeten Nasen und die nur punktförmig aufgesetzten Augen kommen so bei ihm in vergleichbaren Zeichnungen nicht vor.

Peter Prange

1 Mailand, Museo Castello Sforzesco, Inv.-Nr. 1158.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, Pinsel in Braun und Deckweiß, Spuren von schwarzer Kreide auf blauem Papier 290mm x 447mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22793 Sammlung: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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