Crispin van den Broeck

Der junge Herkules erdrückt die von Juno gesandten Schlangen

Der aus einer Liebschaft des Zeus mit Alkmene hervorgegangene Herkules erwürgte im Alter von acht Monaten mit bloßen Händen zwei Schlangen, die von der eifersüchtigen Juno geschickt worden waren. Alkmene und ihr Ehemann Amphytrion, König von Theben, betrachteten staunend die erste Heldentat des Knaben.(Anm.1)
Pentimenti an Köpfen und Armen des Königspaars kennzeichnen das Blatt als Originalentwurf. Eine in Funktion, Technik und Stil vergleichbare Zeichnung befindet sich in New Haven.(Anm.2) Das ovale Format weist auf eine dekorative Funktion, möglicherweise als Wand- oder Deckenpaneel.(Anm.3) Auch die Antwerpener Rhetorikerkammern kämen als potentielle Auftraggeber in Betracht.(Anm.4) Eine allegorische Interpretation, vielleicht als Anspielung auf den Freiheitskampf gegen die spanische Besatzung, ist in diesem Kontext nicht auszuschließen.(Anm.5)
Für eine frühe Datierung sprechen die stilistischen Unterschiede zu Inv.-Nr. 22356 und anderen späten Blättern des Künstlers.(Anm.6) Stärker sind hier Proportion und Faltenwurf dem Vorbild des Frans Floris verpflichtet.(Anm.7)

Annemarie Stefes

1 Theokrit, 24. Idyll.
2 „König David und die Hl. Cäcilia“, New Haven, Yale University Art Gallery, Inv.-Nr. 1967.48.3, John Oliver Hand, J. R. Judson, William W. Robinson, Martha Wolff: The Age of Brueghel. Netherlandish Drawings in the Sixteenth Century, Ausst.-Kat. Washington D.C., National Gallery of Art, New York, Pierpont Morgan Library, New Haven 1986, Nr. 21.
3 Vergleichbare Bildprogramme finden sich etwa in der von Jan Denucé: De Antwerpsche Konstkamers, Inventarissen van Kunstverzamelingen te Antwerpen in de 16e en 17 eeuwen, Den Haag 1932, S. 5 dokumentierten Folge der „Zehn Taten des Hercules“ von Frans Floris im Haus Nicolas Jonghelings in Antwerpen oder dem Deckengemälde Jan van der Straets im Jagdschloss Grunewald, Georg Poensgen: Eine Geburtsallegorie des Joannes Stradanus, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 3, 1934, S. 46-52, Abb. S. 47.
4 Vgl. Devise in Rautenform, wohl 1561 für den Rhetorikerwettbewerb „Landjuweel“ in Antwerpen geschaffen, auch in den Gesichtstypen unserem Blatt eng verwandt: Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Inv.-Nr. 553; vgl. Paul Wescher: Crispin van den Broeck as Painter, in: Jaarboek van het Koninklijk Museum voor Schoone Kunsten Antwerpen 1974, S. 171-183, S. 175–176 mit Abb. 2.
5 Vgl. Paul Wescher: Crispin van den Broeck as Painter, in: Jaarboek van het Koninklijk Museum voor Schoone Kunsten Antwerpen 1974, S. 171-183, S. 177; generell galt Herkules im 16. Jahrhundert als Verkörperung von Tugend und Macht.
6 Auch mit Blick auf die Unterschiede zu dem ikonographisch verwandten Blatt in Paris, Fondation Custodia, „Die Nährung des Jupiter“, Inv.-Nr. 5981, Karel G. Boon: The Netherlandish and German Drawings of the XVth and XVIth Centuries of the Frits Lugt Collection, 3 Bde., Paris 1992, Nr. 40.
7 Vgl. dessen „Urteil Salomons“, Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Inv.-Nr. 663, John Oliver Hand, J. R. Judson, William W. Robinson, Martha Wolff: The Age of Brueghel. Netherlandish Drawings in the Sixteenth Century, Ausst.-Kat. Washington D.C., National Gallery of Art, New York, Pierpont Morgan Library, New Haven 1986, Abb. S. 138; vgl. auch die Floris zugeschriebene Zeichnung „Herkules erwürgt die von Juno gesandten Schlangen“ in Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Inv.-Nr. 68, Corpus Gernsheim 144035, für die Form der Wiege und das tänzerische Hereinschreiten der Mutter.




Der aus einer Liebschaft des Zeus mit der Alkmene hervorgegangene Knabe erwürgt im Alter von acht Monaten mit bloßen Händen zwei Schlangen, die von der eifersüchtigen Juno geschickt worden waren. Seine Mutter Alkmene und ihr Ehemann Amphytrion, König von Theben, kommen herangeeilt und betrachten staunend die erste Heldentat des gar nicht so zarten Knaben.FN1
Pentimenti an Köpfen und Armen des Königspaars kennzeichnen das Blatt als Originalentwurf. Eine in Funktion, Technik und Stil vergleichbare Zeichnung befindet sich in New Haven, Connecticut.FN2 Das ovale Format weist auf eine dekorative Funktion, möglicherweise als Wand- oder Deckenpaneel.FN3 Auch die Antwerpener Rhetorikerkammern kämen als potentielle Auftraggeber in Betracht.FN4 Eine allegorische Interpretation, vielleicht als Anspielung auf den Freiheitskampf gegen die spanische Besatzung, ist in diesem Kontext nicht auszuschließen.FN5
Für eine frühe Datierung sprechen die stilistischen Unterschiede zu Inv. Nr. 22356# und anderen späten Blättern des Künstlers.FN6 Stärker als auf diesen Werken sind Proportion und Faltenwurf hier dem Vorbild des Frans Floris verpflichtet.FN7

1 Theokrit, 24. Idyll.
2 "König David und die Hl. Cäcilia", Yale University Art Gallery, Inv. Nr. 1967.48.3, Ausst.-Kat. Washington u.a. 1986, Nr. 21.
3 Vergleichbare Bildprogramme finden sich etwa in der von Denucé 1932, S. 5 dokumentierten Folge der "Zehn Taten des Hercules" von Frans Floris im Haus Nicolas Jonghelings in Antwerpen oder dem Deckengemälde Jan van der Straets im Jagdschloss Grunewald, Zeitschrift für Kunstgeschichte 1934, Abb. S. 47.
4 Vgl. mit einer Devise in Rautenform, wohl 1561 für den Rhetorikerwettbewerb "Landjuweel" in Antwerpen geschaffen, die auch in den Gesichtern unserem Blatt sehr nahe kommt: Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Inv. Nr. 553; vgl. Wescher 1974, S. 175-176 mit Abb. 2.
5 Ähnlich der wohl in die frühen 1580er Jahre entstandenen Zeichnung "Wilhelm von Oranien als Perseus", Paris, Bibliothèque Nationale, Lugt 1936, Nr. 190, vgl. Wescher 1974, S. 177; generell galt Herkules im 16. Jahrhundert als Verkörperung von Tugend und Macht.
6 Auch mit Blick auf die Unterschiede zu dem ikonographisch verwandten Blatt in der Fondation Custodia, "Die Nährung des Jupiter", Inv. Nr. 5981, Boon 1992, Nr. 40.
7 Vgl. mit dessen "Urteil Salomons", Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Ausst.-Kat. Washington u.a. 1986, Abb. S. 138; vgl. auch die Floris zugeschriebene Zeichnung "Herkules erwürgt die von Juno gesandten Schlangen" in Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Nr. 68, Foto Gernsheim 144035, für die Form der Wiege und das tänzerische Hereinschreiten der Mutter.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, Pinsel in Blau und Deckweiß auf hellbraunem Papier 187mm x 259mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22781 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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