Anthonis van (auch: Antoon van) Dyck, zugeschrieben

Hügeliges Gelände jenseits eines Flusses, um 1620

Das ehemals Frans Wouters (1612–1659) zugeordnete Blatt wurde erstmals von Byam Shaw Van Dyck zugeordnet.(Anm.1) Vey hingegen hielt es für die Kopie nach einem verlorenen Original des Künstlers aus der zweiten Antwerpener Zeit. Auch Royalton-Kisch (1999) sah in der Zeichnung eine Kopie nach Van Dyck, möglicherweise von gleicher Hand wie eine aquarellierte Federzeichnung in London.(Anm.2) Haverkamp Begemann hingegen plädierte für eine Neubewertung des Blattes aufgrund seiner Nähe zu den akzeptierten Landschaften des Künstlers.(Anm.3) Als Anhaltspunkt für die mit Feder gezeichneten Partien könnten die 1634 datierten, ebenfalls in London verwahrten „Bäume auf Hügelkamm“ herangezogen werden.(Anm.4) Für die Aquarellierung wurde auf die auch farblich übereinstimmenden Zeichnungen in Chatsworth bzw. im Getty Museum verwiesen.(Anm.5) Mit beiden Blättern verbindet überdies die Herkunft aus der Sammlung des Nicolaes Anthoni Flinck. Möglicherweise geht auch die alte Nummerierung auf der Rückseite des Hamburger Blattes auf diese Sammlung zurück.(Anm.6)
Zwar wirkt die Federarbeit im Vergleich mit den späten Landschaften stellenweise ein wenig unbeholfen und steif, etwa in der durch Federtupfen schattierten Höhlung links. Auf Kopistenhand deutet die Handhabung von Feder und Pinsel jedoch nicht:(Anm.7) Zu dicht miteinander verschränkt, zu durchdacht aufeinander bezogen sind Feder- und Pinselzeichnung, die in einzelnen Partien nicht isoliert voneinander bestehen könnte, etwa in den Baumstämmen über der Brücke links oder der Turmspitze rechts. So scheinen die beobachteten Schwächen eher auf frühe Entstehung zu deuten, zumal sich unser Blatt in der trockenen Federarbeit und auch in der dunklen Tusche mit einer wohl zu Beginn von Van Dycks England-Aufenthalt entstandenen „Baumstudie“ in Vaduz vergleichen lässt.(Anm.8) Aus diesen Gründen soll die Zeichnung hier – unter Vorbehalt – als potentielles Frühwerk dem Œuvre Van Dycks angeschlossen werden.

Annemarie Stefes

1 Undatierte Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle.
2 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1856,0712.984, Horst Vey: Die Zeichnungen Anton van Dycks, Brüssel 1962, Nr. 286.
3 Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kup-ferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
4 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. Oo,9.49, Martin Royalton-Kisch: Het Licht van de Natuur. Het landschap in tekening en aquarel door Van Dyck en tijdgenoten, Ausst.-Kat. Antwerpen, Rubenshuis, London, British Museum, Antwerpen 1999, Nr. 17, mit 185 x 280 mm im Format vergleichbar.
5 Chatsworth, Devonshire Collection, Inv.-Nr. 1003 (228 x 330 mm), Martin Royalton-Kisch: Het Licht van de Natuur. Het landschap in tekening en aquarel door Van Dyck en tijdgenoten, Ausst.-Kat. Antwerpen, Rubenshuis, London, British Museum, Antwerpen 1999, Nr. 23; Los Angeles, J. Paul Getty Museum, Inv.-Nr. 85.GG.96 (189 x 363 mm), ebd. Nr. 22; vgl. auch die „Baumstudie“ in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. Oo,9.50, Martin Royalton-Kisch: Het Licht van de Natuur. Het landschap in tekening en aquarel door Van Dyck en tijdgenoten, Ausst.-Kat. Antwerpen, Rubenshuis, London, British Museum, Antwerpen 1999, Nr. 20.
6 Hinweis von Robert-Jan te Rijdt auf dem Hamburger Symposium, siehe Anm. 3.
7 Egbert Haverkamp Begemann auf dem Hamburger Symposium, siehe Anm. 3.
8 Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Vaduz-Wien, Inv.-Nr. GR 915, Martin Royalton-Kisch: Het Licht van de Natuur. Het landschap in tekening en aquarel door Van Dyck en tijdgenoten, Ausst.-Kat. Antwerpen, Rubenshuis, London, British Museum, Antwerpen 1999, Nr. 9.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, Pinsel in Aquarell- und Deckfarben 198mm x 270mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22738 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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