Jan van Kessel
Jacob Isaackszoon van Ruisdael, ehemals zugeschrieben

Das Huis Kostverlooren an der Amstel, 1665 - 1670

Diese und die anschließende Zeichnung wurden von Harzen als Arbeiten Jacob van Ruisdaels erworben. Eine dritte Ansicht des Schlosses aus seinem Vermächtnis an die Hamburger Kunsthalle wurde 1927 an Frits Lugt verkauft; sie befindet sich heute in der Fondation Custodia.(Anm.1) An der Zuschreibung dieser auch maßgleichen Blätter an Van Ruisdael wurde noch von Stubbe (1967) festgehalten, trotz bereits bestehender Zweifel an der Eigenhändigkeit von Inv.-Nr. 22452.(Anm.2) Erstmals brachte Carlos van Hasselt (1968) mit dem Pariser Blatt eine der drei Zeichnungen mit Jan van Kessel in Verbindung. Giltay (1980) und nach ihm Davies (1992) und Slive (2001) übertrugen diese Zuweisung zu Recht auf die beiden Hamburger Blätter.
Eine vierte Ansicht des Huis Kostverloren im Teylers Museum gilt indes bis heute als Arbeit Jacob van Ruisdaels.(Anm.3) Sie ist identisch mit einem Blatt aus der Sammlung Ploos van Amstels, das 1821 von Christiaan Josi erwähnt wurde, gemeinsam mit einem Gegenstück aus der Sammlung Ploos und zwei Pendants aus Josis eigenem Besitz, bei denen es sich vermutlich um die drei Van Kessel-Zeichnungen in Hamburg und Paris handelt.(Anm.4)
Das Huis Kostverloren an der Amstel war im 17. Jahrhundert ein beliebtes Bildmotiv, u. a. bei Jacob van Ruisdael und Meindert Hobbema. Der seit etwa 1563 geläufige Name des Landsitzes ist vermutlich als Anspielung auf die hohen Unterhaltungskosten des um 1500 errichteten Gebäudes zu verstehen, dessen Statik aufgrund des weichen Untergrundes gefährdet war.(Anm.5) 1650 wurde es durch einen Brand zerstört. Eine in Paris verwahrte Zeichnung Jacob van Ruisdaels zeigt den Zustand des Hauses nach seiner Wiederherstellung um 1658.(Anm.6) Diese, aus stilistischen Gründen um 1665/70 datierte Zeichnung ist für die Hamburger Blätter insofern von Bedeutung, als das Motiv dort aus demselben Blickwinkel wiedergegeben ist wie auf Inv.-Nr. 22451. Da eine direkte Abhängigkeit von der Van Ruisdael-Zeichnung auszuschließen ist angesichts formaler Abweichungen, sollte man eher davon ausgehen, dass Van Kessel und sein mutmaßlicher ehemaliger Lehrmeister das Motiv gemeinsam vom gegenüberliegenden Ufer der Amstel aus zeichneten.(Anm.7)

Annemarie Stefes

1 Ehemals Inv.-Nr. 22453, heute Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 3086 (186 x 302 mm), Alice I. Davies: Jan van Kessel (1641-1680), Doornspijk 1992, Nr. d22.
2 Vgl. Kurt Erich Simon: Jacob van Ruisdael, Berlin 1930 bzw. Kurt Erich Simon: Georges Broulhiet, Meindert Hobbema (Buchbesprechung), in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 9, 1940, S. 205-210.
3 Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. Q* 52 (203 x 219 mm), Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings and etchings, New Haven und London 2001, Nr. D62.
4 Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings and etchings, New Haven und London 2001, S. 539.
5 Vgl. Van Hasselt, in: Dessins de paysagistes hollandais du XVIIe siècle de la collection particulière condervée à l’Institut Néerlandais de Paris, bearb. von Carlos van Hasselt, 2 Bde., Ausst.-Kat. Brüssel, Bibliothèque Albert I.er, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Paris, Institut Néerlandais, Bern, Kunstmuseum, Ledeberg/Gent 1968.
6 Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 242 (187 x 302 mm), Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings and etchings, New Haven und London 2001, Nr. D105.
7 Vgl. Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings and etchings, New Haven und London 2001, S. 572 und Alice I. Davies: Jan van Kessel (1641-1680), Doornspijk 1992, S. 145 und 239. – In einem anderen Fall kopierte Jan van Kessel tatsächlich eine Van Ruisdael-Zeichnung: Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1899-A-4216, Alice I. Davies: Jan van Kessel (1641-1680), Doornspijk 1992, Nr. d19 nach der unter Anm. 3 erwähnten, um 1658 entstandenen Zeichnung des zerstörten „Huis Kostverloren“, vgl. auch Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings and etchings, New Haven und London 2001, S. 101, bei Nr. 74.

Details zu diesem Werk

Schwarze Kreide, grau laviert; Einfassungslinien (schwarze Kreide) 201mm x 313mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22451 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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