Abraham Furnerius, Zeichner
Schleuse und Zugbrücke in Amsterdam, nach 1647
Das Blatt war bereits in Feitamas „Notitie der Teekeningen“ Abraham Furnerius zugeschrieben. Später ging dieses Wissen offensichtlich verloren. Wohl bereits auf der Auktion der Sammlung Goll van Franckenstein (1833), spätestens aber in der Sammlung Esdaile galt das Blatt als Rembrandt-Zeichnung und wurde als solche auch von Harzen und Hofstede de Groot geführt. Die Assoziation mit Furnerius, von Lugt wiederentdeckt und zugleich verworfen,(Anm.1) wurde erst wieder von Sumowski aufgegriffen und verifiziert.(Anm.2) Ein ähnliches Motiv ist auf einer etwas kleineren, mit Deckfarben überarbeiteten Zeichnung in Paris dargestellt.(Anm.3) Ebenfalls in Paris befindet sich eine „Ansicht der Mühle an der St. Anthoniespoort in Amsterdam“, zu der nicht nur topographische Bezüge bestehen, sondern auch stilistische Verwandtschaften in der stellenweise rauen und etwas wirren Schraffur.(Anm.4)
Wie an dem über dem Brückenbogen eingelassenen Wappen zu erkennen ist, wurde diese Ansicht in Amsterdam aufgenommen. Im Auktionskatalog der Sammlung Feitama galt das Blatt als „Steinbrücke bei der Heiligewegspoort in Amsterdam“.(Anm.5) Unter gleichem Titel wurde eine nahezu übereinstimmende Ansicht Rademakers 1910 versteigert.(Anm.6) Diese topographische Deutung wurde von Lugt zu Recht abgelehnt.(Anm.7)
Eine genaue Bestimmung des Motivs steht noch aus, bedingt durch die vermutlich spätere Zerstörung der dargestellten Bausituation. Es ist aus der Zeichnung nicht ersichtlich, ob sich die über dem Stadtwappen angebrachte Jahreszahl auf die Datierung des Blattes oder der Brücke bezieht. Die erwähnte Rademaker-Zeichnung wäre bei unabhängiger Entstehung von vorliegender Arbeit insofern aufschlussreich, als sich in diesem Fall die dort ebenfalls dokumentierte Jahreszahl „1647“ eindeutig auf die Brückenarchitektur beziehen würde. Bei grundsätzlichen Abweichungen (Anm.8) sind jedoch einzelne Partien auf Rademakers Zeichnung kaum ohne das Vorbild des Hamburger Blattes denkbar: das sich der Klappbrücke nähernde Segelschiff, der vor der Brücke stehende Mann, die im Fenster des jenseitigen Brückengebäudes zu erkennende Figur und das aus den Holzverschlägen rechts an einem Seil herabgelassene Gefäß.
Annemarie Stefes
1 Lugt favorisierte eine Zuschreibung an Johannes Leupenius.
2 Unter Verweis auf Zeichnungen in Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. P*65, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 4, Fabritius - Furnerius, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, Nr. 1022 xx; Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 8886, ebd. Nr. 1015 xx und Amsterdam, Rijksprentenka-binet, Inv.-Nr. RP-T-1929-35, ebd. Nr. 1011 xx.
3 „Ansicht der Grimnesse-Schleuse in Amsterdam“, 120 x 122 mm, Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 22894, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 4, Fabritius - Furnerius, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, Nr. 996 ax.
4 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 22894 a, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 4, Fabritius - Furnerius, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, Nr. 1031 xx – vgl. den Mauerbewuchs unten links auf dem Hamburger Blatt mit dem Buschwerk am Fuß der Windmühle.
5 „Steenenbrug bij de Heilewegspoort te Amsterdam“.
6 „Steenen brug nevens de Heilige wegspoort thans het Koningsplein, door A. Rademaker“, Aukt.-Kat. Amsterdam, Meijer, 17./22. 3. 1910, Nr. 629.
7 Frits Lugt: Mit Rembrandt in Amsterdam, Berlin 1920 bzw. in einer undatierten Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle; vgl. auch die 1638 von Reinier Zeeman gestochene Darstellung der „Heiligewegspoort“ (H. 28).
8 Abweichungen finden sich in den schlanker proportionierten Bäumen, dem weniger stark verdeckten linken Giebelhaus, dem klarer durchgestuften Giebel des benachbarten Gebäudes und dem fehlenden Ruderboot rechts. Auch fehlen die von der Steinbrücke herabblickenden Figuren sowie der im Brückengewölbe auf einem Ponton stehende Mann.