Gerbrand van den Eeckhout, Kopie?

Die Verstoßung der Hagar, um 1635?

Die Verstoßung der Hagar (1. Mose 21, 9–21) war ein überaus beliebtes Thema im Rembrandt-Kreis, angeregt wohl durch Lastmans Gemälde von 1612.(Anm.1) Vergeblich auf den verheißenen Sohn wartend, hatte Abraham auf Anraten seiner Frau Sara einen Sohn mit ihrer ägyptischen Magd Hagar gezeugt. Später jedoch erfüllte sich Gottes Verheißung, und nach Geburt des Erben Isaak war kein Platz mehr für Hagar und den Knaben Ismael, so dass sich Abraham schweren Herzens dazu entschloss, sich von der Nebenfrau zu trennen – dies allerdings im Vertrauen auf Gottes Versprechen, für Hagar und Ismael zu sorgen.
Unsere Zeichnung wurde von Harzen der Rembrandt-Schule zugeordnet. Hamann (1936) wies erstmals auf die Verbindung zu einer im Motiv übereinstimmenden Zeichnung aus ehemaligem Besitz der Londoner Sammlung Witt; ihr heutiger Standort ist unbekannt.(Anm.2) Trotz der „grobschlächtigen“ Ausführung galt dieses Blatt bei Hamann (1936) als Original und damit als Vorlage für die Hamburger Zeichnung. Erst Sumowski beschrieb die „Witt-Zeichnung“ zu Recht als schwächere Fassung.(Anm.3) In dem Hamburger Blatt sah er eine Kopie nach unbekanntem Original Van den Eeckhouts. Zu gleichem Ergebnis kam Holm Bevers in einer undatierten Notiz auf dem Unterlegpapier der Zeichnung.(Anm.4)
In einer alten, leider anonymen Karteinotiz wurden unserem Blatt einige durchaus qualitätvolle Züge zugesprochen und die staffierte Hintergrundlandschaft als vielleicht autographe Erstanlage von der schwächeren figürlichen Szene unterschieden.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Hamburger Kunsthalle, Inv.-Nr. 191, vgl. Martina Sitt, in: Pieter Lastman. In Rembrandts Schatten?, hrsg. von Martina Sitt, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, München 2006, S, 80–84, vgl. ebd. Nr. 15; zu dem in annähernd 100 Fassungen der Rembrandt-Schule vorliegenden Hagar-Thema vgl. auch Richard Hamann: Hagars Abschied bei Rembrandt und im Rembrandt-Kreise, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 8/9, 1936, S. 471-578 und Netty van de Kamp: Die Genesis: Die Urgeschichte der Erzväter, in: Im Lichte Rembrandts. Das Alte Testament im Goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst, Ausst.-Kat. Münster/Amsterdam/Jerusalem, Zwolle 1994, S. 24-53, S. 30. Siehe auch Inv.-Nr. 21946, 1930-68, 22782 und 22411.
2 London, Brod Gallery, Exhibition of Old Master Drawings, 2.–30. 7. 1964, Nr. 83.
3 Werner Sumowski: Gemälde der Rembrandt-Schüler, 6 Bde., Landau 1983, Bd. 3, S. 1742. Die „Witt-Zeichnung“ übernimmt die auf dem Hamburger Blatt verwor-fene und durch Schraffur und Lavis verunklärte, ursprünglich weiter bildauswärts versetzte rechte Rockkontur der Hagar. Dabei kommt es zu Überschneidungen mit den im Mittelgrund angedeuteten Rindern, die dort gewissermaßen eine Bildebene nach vorne versetzt wurden.
4 Kürzlich bestätigt per E-Mail, 17. 3. 2010. Zu gleichem Ergebnis kam auch Anne Buschhoff, in: Anne Röver-Kann, Anne Buschhoff: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, allerdings unter irrtümlicher Nennung der ehemals in London verwahrten Fassung als Originalzeichnung Van den Eeckhouts.
5 „Die in kräftigen Federstrichen ausgeführte Zeichnung deckt möglicherweise die Spuren einer halbver-löschten, echten Zeichnung zu. Von dieser letzteren, links, neben Abraham ein paar Kühe sichtbar“.

Details zu diesem Werk

Feder in Schwarzbraun über Spuren von schwarzem Stift, grau laviert; stellenweise Griffelspuren; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) 170mm x 214mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22410 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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