Rembrandt Harmensz. van Rijn, Schule
Govaert Flinck, Umkreis

Liegender Frauenakt, um 1635 - 1638

Bei Harzen galt diese Zeichnung noch als eigenhändiges Werk Rembrandts, und entsprechend der Künstlerromantik jener Zeit wurde die Liegende als „des Künstlers Frau“ beschrieben. Dies ist natürlich nicht der Fall – es handelt sich um eine Übungsstudie nach dem Aktmodell – und auch die Zuschreibung an Rembrandt ist heute nicht mehr aufrecht zu erhalten. Nach ersten von Gerson und Benesch geäußerten Zweifeln wurde die Zeichnung zuletzt von Anne Röver-Kann (Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, bearb. v. Anne Röver-Kann, Anne Buschhoff, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000) als Arbeit eines unbekannten Rembrandt-Schülers aus den 1630er Jahren geführt, entstanden in unmittelbarer Nähe des Meisters und an den Konturen von Kopf, Schulter und linker Hand möglicherweise von diesem selbst korrigiert. Schatborn und vor ihm Gerson sahen stilistische Parallelen zu Figurenstudien des Govert Flinck aus den 1630er Jahren, ohne dass diese Bezüge eng genug wären für eine Zuschreibung an Flinck.(Anm.1) Darüber hinaus lässt sich in einzelnen Bereichen wie dem etwas plump wirkenden, auf kurzem Hals seitlich verschobenen Kopf eine gewisse Verwandtschaft mit der Ferdinand Bol zugeschriebenen Inv.-Nr. 21732 beobachten.(Anm.2)

Annemarie Stefes

1 Peter Schatborn auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, mit Verweis auf je eine Rötelstudie in Paris, École Nationale Supérieure des Beaux-Arts, Inv.-Nr. MU 390 und Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 5431, Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederländischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, Bd. 1, S. 135: vergleichbar in der prominenten Rolle der Schraffur für die Einbindung der Figur im Blatt, den kräftig akzentuierten Fingern und der Gestaltung der Füße. Anders als auf diesen signierten Flinck-Zeichnungen verzichtete der Zeichner des Hamburger Blattes bei der Körpermodellierung auf die charakteristischen Kreuzschraffuren.
2 Vorgeschlagen von Holm Bevers und Andreas Stolzenburg auf dem Hamburger Symposium, siehe Anm. 1.

Details zu diesem Werk

Schwarze und weiße Kreide, stellenweise überarbeitet mit Ölkohle, auf hellgrauem Papier; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) 164mm x 265mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22409 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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