Frans de Jongh, zugeschrieben
Adriaen van Ostade, ehemals zugeschrieben
Gruppe von Bauernhäusern
Diese und die anschließende Zeichnung galten bis 1981 aufgrund des gefälschten Monogramms als Arbeiten Adriaen van Ostades. Von dessen Hand sind jedoch keine entsprechenden Architekturaufnahmen bekannt. Eher ist die Beischrift ein missverstandener Verweis auf Isaac van Ostade, der in der Tat vergleichbare Häuserzeilen zeichnete. Sie sind jedoch in der Regel farbig ausgeführt, deutlich dichter modelliert und unterscheiden sich von den vorliegenden Blättern auch in den rundlicher und unregelmäßiger strukturierten Laubangaben.(Anm.1) Aus diesem Grund wurden beide Zeichnungen von Schnackenburg (1981) zu Recht aus dem Œuvre der Brüder Van Ostade ausgeschieden.
Von gleicher Hand hingegen ist wohl eine Kreidezeichnung in Brüssel, die unseren Zeichnungen sowohl in der diagonalen Ausrichtung der Gebäude als auch in dem schärfer gezackten Baumschlag sehr nahe kommt.(Anm.2) Schnackenburg brachte dieses Blatt und die Hamburger Zeichnungen mit Cornelis Dusart in Verbindung, der erwie-senermaßen zahlreiche Häuser nach dem Leben zeichnete und darüber hinaus einige der von Isaac van Ostade gezeichneten Bauernhäuser kopierte.(Anm.3) Dabei arbeitete Dusart jedoch mit Feder; zudem sind bei ihm die Flächen stärker und unruhiger strukturiert. Aus diesem Grund ist die Zuschreibung der vorliegenden Blätter an Dusart abzulehnen.(Anm.4)
In der stärker geklärten Konturenführung mit ihren stellenweise teigig wirkenden Verstärkungen steht unser Blatt hingegen einer Zeichnung in Budapest recht nahe, die ebenfalls von Isaac van Ostades Häuserzeilen inspiriert wurde. Diese „Dorfstraße“ ist die bislang einzig bekannte signierte Zeichnung des Frans de Jongh, eines wenig bekannten Künstlers, der Wurzbach zufolge ein Neffe und Schüler Adriaen van Ostades gewesen sein soll.(Anm.5) Das Budapester Blatt trägt in der Wiedergabe von Staffage und Baumschlag eigenständigere Züge als die Hamburger Blätter, stimmt jedoch in der Handhabung der Kreide für Häuser- und Pflanzenkonturen nahezu überein. Aus diesem Grund sollen Inv.-Nr. 22274 und 22275 dem weitgehend unerforschten Œuvre De Jonghs angeschlossen werden.
Annemarie Stefes
1 Vgl. „Vorderseite eines Bauernhauses“, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. Oo,10.163, Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Bd. 1, Nr. 573, von späterer Hand unten rechts ebenfalls „AvO“ signiert.
2 Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/2678, Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Bd. 1, Nr. F 48, Abb. 126.
3 Dusarts Kopien nach den Bauernhäusern Ostades befinden sich u. a. in Cambridge (Mass.), Harvard Art Museum/Fogg Museum, Inv.-Nr. 551-1929, Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Bd. 1, Abb. 86, nach Nr. 575; Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1975–59, ebd. Abb. 89, nach Nr. 574 und Amsterdam, ehemals Sammlung P. Brandt, ebd. Abb. 91, nach Nr. 570. Zu dieser Gruppe vgl. Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Bd. 1, S. 61–62. In Dusarts Nachlassinventar war ein Album mit „196 Häuschen nach dem Leben von C. Dusart und anderen“ aufgeführt, vgl. Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Bd. 1, S. 61 bzw. Abraham Bredius: Künstler-Inventare. Urkunden zur Geschichte der holländischen Kunst des XVIten, XVIIten und XVIIIten Jahrhunderts, Den Haag 1915-22, S. 40, Nr. 32.
4 Dies wurde bestätigt von Susan Anderson, die einen Œuvrekatalog Dusarts vorbereitet (Mitteilung per E-Mail, 8. 12. 2008).
5 Budapest, Szépmüvészeti Múzeum, Inv.-Nr. K.57.39, Teréz Gerszi: 17th-Century Dutch and Flemish Drawings in the Budapest Museum of Fine Arts, Budapest 2005, Nr. 135.s. Inv. Nr. 22275