Diese Zeichnung besitzt alle Eigenschaften einer Radierungsvorlage: Die Rückseite wurde geschwärzt, die Konturen – leicht abweichend – mit dem Griffel nachgezogen. Ein entsprechender Druck konnte der Darstellung jedoch nicht zugeordnet werden. Trotzdem bestehen stilistische Zusammenhänge mit Van Ostades Radierungsentwürfen der späten 1640er und frühen 1650er Jahre, und es ist anzunehmen, dass das Blatt in dieser Zeitperiode für einen ähnlichen Zweck geschaffen wurde.(Anm.1)
Auffallend ist die unterschiedliche Stärke des Federstriches: Figuren und Interieur wurden zunächst mit feinen, beweglichen Linien markiert, nur der sitzende Raucher erfuhr eine abschließende Überarbeitung mit breiten, energischen Federstrichen. In den Pentimenti an Kopf, Schultern, Armen und Beinen zeigt sich Van Ostades Suche nach der endgültigen Form, die in den stellenweise abweichenden Griffelspuren fortgesetzt wurde.(Anm.2) Die kräftig mit Feder gezeichneten Partien erinnern an den New Yorker Entwurf für die 1647 datierte Radierung B. 46.(Anm.3) In Brüssel befindet sich eine in Stil und Format verwandte Zeichnung, ebenfalls präpariert für die graphische Umsetzung, doch ohne korrespondierenden Stich.(Anm.4)

Annemarie Stefes

1 Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, S. 92 datierte die Zeichnung zwischen 1647 und 1652.
2 So folgt der Übertragungsgriffel der korrigierten Haltung des Rauchers mit nach unten geneigtem Kopf. Abweichungen von den Konturen der Federzeichnung finden sich im Hintergrund: Der Kopf der Mutter ist bei der Griffelung nach rechts, der des Kindes nach unten versetzt. Fenster, Kaminhaube und Treppe wurden nur in groben Umrissen übertragen, und auch hier variieren die Griffelspuren die Entwurfszeichnung in Feder.
3 „Die Familie“, New York, The Pierpont Morgan Library, Inv.-Nr. III, 195, Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Nr. 48.
4 Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/2778 (111 x 144 mm, Griffelspuren und Rückseite geschwärzt), Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Nr. 56.

Details zu diesem Werk

• Beschriftung

  Beschriftung fremd: Unten links bezeichnet: "Av [lig.] O" (Feder in Grau); verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

• Wasserzeichen / Kettenlinien

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• Provenienz

  Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:06, fol. 156: "[Verfolg. A. Ostade] Drey Bauern in der Schenke um ein Faß sitzend das als Tisch dient; einer derselben hält sein Glas. Bez AvO. Feder und Seppia. 5.2.4.5 Das schöne Blatt hinten geschwärzt und duchritzt dürfte für eine Radierung bestimmt gewesen seyn."; NH Ad: 02: 01, S. 262); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

• Bibliographie

  Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, Text, Bernhard Schnackenburg, 1981, S. 92, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 59

  Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen. Tafeln, Bernhard Schnackenburg, 1981, Abb. S. Taf. 32, Nr. 59, Abb.-Nr.

  Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, Stefes, Annemarie; Herausgeber: Hubertus Gaßner und Andreas Stolzenburg, 2011, S. 420, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 755

  Klasse Gesellschaft. Alltag im Blick niederländischer Meister. Mit Lars Eidinger und Stefan Marx, Herausgeber: Sandra Pisot für die Hamburger Kunsthalle, 2021, S. 355, Abb. S. 259, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 42